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In der Werkstatt

Archivmeldung vom 29.01.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Eine strategische Neuausrichtung von SAP dürfen Investoren mit der neuen Doppelspitze nicht erwarten. Das haben die Co-CEOs Christian Klein und Jennifer Morgan auf dem Kapitalmarkttag im vergangenen November bereits deutlich gemacht und das wurde mit der Zahlenvorlage zum Schlussvierteljahr 2019 nun noch einmal bestätigt.

Die Strategie des Vorgängers Bill McDermott, das Cloud-Geschäft auszubauen und die Kunden in einem weit aufgefächerten SAP-Softwareuniversum möglichst allumfassend zu bedienen, bleibt prinzipiell gleich. Ist es also nur ein wenig Feintuning, das der neuen Doppelspitze ins Aufgabenheft geschrieben wurde? Nein. Denn mit dem Drehen von ein paar Schräubchen ist es definitiv nicht getan.

Mit seinen milliardenschweren Zukäufen hat McDermott den alten Tanker SAP äußerlich zwar mächtig aufgemotzt und auch schon gut in Richtung Cloud gesteuert. Im Innern des von außen beeindruckend wirkenden Software-Schiffs läuft allerdings ein zunehmend stotternder Motor, wie die drastisch gefallene Kundenzufriedenheit im vergangenen Jahr gezeigt hat. Die zahlreichen neuen Anwendungen mögen für sich genommen beeindruckend sein. Für ihr Zusammenspiel sind indes zu oft Spezialkniffe nötig, weil ein Rad eben nicht wie selbstverständlich ins andere greift. Das hat auch Co-CEO Christian Klein als verantwortlicher Vorstand für die SAP-eigene IT leidvoll feststellen müssen und macht sich nun mit Verve ans Beheben der Missstände.

Um bei der Motor-Analogie zu bleiben: McDermott hat eine Reihe moderner Komponenten zusammengekauft, die aber erst noch zu einem funktionierenden und kraftvollen Antrieb zusammengeschraubt werden müssen. Klein und Morgan ist es zumindest schon gelungen, die aufgeregte Stimmung unter den Anwendern zu beruhigen. Jetzt geht es in die Werkstatt.

Mondziele wie eine Marktkapitalisierung von 300 Mrd. Euro, die McDermott einst avisiert hat, treten unter der neuen SAP-Führung in den Hintergrund. Für Zukäufe und eine neue Strategie ist derzeit kein Raum. Die Doppelspitze ist weit mehr als ihr Vorgänger im operativen Alltag verwurzelt und interpretiert ihre Rolle entsprechend. Eine organisatorische Neuaufstellung und frische Mitarbeiteranreize zur Software-Adaption bei den Kunden dienen nur der besseren Umsetzung der von McDermott vorgezeichneten Strategie. Diese hat zwar tatsächlich viel Potenzial. Die eigentliche Arbeit, um dieses auch zu heben, fängt für SAP aber gerade erst an.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Sebastian Schmid

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