Allg. Zeitung Mainz: zu Israel
Archivmeldung vom 27.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Hoffnung vieler Israelis, den unter Korruptionsverdacht stehenden Ministerpräsidenten Ehud Olmert endlich zugunsten einer Frau Saubermann loszuwerden und die Hoffnung der übrigen Welt, mit Frau Livni eine politisch gemäßigte Führungskraft an die Spitze Israels zu sehen wurden enttäuscht.
Livni scheiterte vor allem wegen ihrer ungeschickten Verhandlungstaktik. Sie scheiterte auch, das muss man zu ihrer Entlastung anführen, weil die heutige Zusammensetzung des Parlaments angesichts der völlig gegensätzlichen Interessen einer Unzahl von Parteien einen politischen Befreiungsschlag kaum zulässt. Ehrenwert ist zwar ihr Prinzip, sich nicht durch wirtschaftliche und politische Forderungen einzelner Gruppierungen erpressen zu lassen. So wollte sie den Haushaltsrahmen nicht zugunsten der extrem religiösen Schasspartei sprengen, nur weil man dort glaubt, mit mehr Kindergeld bei potentiellen Wählern Wohlgefallen zu ernten. Aber die von Livni verweigerten 200 Millionen Euro verursachen jetzt weit höhere Aufwendungen für einen Wahlkampf, vor allem aber eine lange Zeit der Ungewissheit und politischen Lähmung inmitten einer weltweiten Finanzkrise und einer nach wie vor höchst trügerischen Ruhe im Verhältnis zu den Palästinensern. Israels Politiker bewiesen einmal mehr haarsträubende Unverantwortlichkeit. Kurzsichtig hatte Arbeitsparteichef Ehud Barak den Sturz Ehud Olmerts betrieben, mit dem Erfolg, jetzt in der eigenen Partei unten durch zu sein. Livni führte ihre Koalitionsverhandlungen, ohne die physikalischen Gesetze der israelischen Innenpolitik zu beachten. Niemand dachte an das Wohl des Staates. Zu allem Überdruss kann Ehud Olmert jetzt sein Comeback feiern. Denn er wird noch bis April den Israelis als Ministerpräsident erhalten bleiben. Was für ein Chaos!
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz