LVZ: Gesundheitsreform
Archivmeldung vom 18.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVieles wird anders im Gesundheitswesen. Das muss ja an sich nicht schlecht sein. Aber wie wird es? Das ist die spannende Frage. Es wird offener und besser, sagen die einen. Was mit der Gesundheitsreform auf uns zukommt, wird schlechter und teurer, sagen wiederum andere.
Aber eigentlich ist man das Hin und Her schon gewohnt. Der Streit um die Gesundheitsreform und ihr Herzstück, den für 2009 geplanten Gesundheitsfonds, schwelt immerhin nicht erst seit gestern. Er ähnelt inzwischen der menschlichen Muskulatur - mal angespannt, mal wieder entspannt. Allerdings: Je näher der Gesundheitsfonds rückt, desto verkrampfter die Muskulatur, vor allem, wenn es ums Geld geht. So hat Bayern zwar durchgesetzt, dass das Land bei der Mittelverteilung nicht zu viel zahlen muss. Sorgen um neue unkalkulierbare Risiken gibt es nach kurzfristiger Lockerheit jedoch weiter. Und die Sachsen, die sich ebenso wie die Thüringer keine einseitigen Belastungen aufhalsen lassen wollen, drohen vorsichtshalber mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Ungeachtet dessen dreht sich in Berlin das Reformkarussell weiter. Gestern gründete sich der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der Selbstverwaltung von Krankenkassen, Ärzten und Kliniken in der Hauptstadt neu. Er ist jetzt schlanker und hat weniger Einzelgremien. Auch das geht auf die Gesundheitsreform 2007 zurück. Inhaltlich sollen die Entscheidungen über die Bezahlung von Arzneien und Therapien für die Millionen gesetzlich Versicherten transparenter werden. Die bislang nicht öffentlichen Sitzungen sind deshalb künftig in der Regel öffentlich. Auch mehr Qualität soll es geben. Aber welchen Einfluss haben die Patientenvertreter darauf, was die Krankenkassen bezahlen und wie die Qualität der Gesundheitsversorgung gesichert wird? Sie nehmen zwar an den Sitzungen teil, dürfen mitreden, haben aber kein Stimmrecht. Wer jedoch für die Versicherten transparenter werden will, muss den Vertretern der Patienten mehr Rechte einräumen. Dies auch aus dem Grunde, weil angesichts des Spardrucks bei vielen Bürgern die Befürchtung wächst, dass es Einschnitte bei Therapien in der gesetzlichen Krankenversicherung geben könnte. Vor allem aber erregt der geplante Gesundheitsfonds weiter die Gemüter. Eine gute gesundheitliche Versorgung hat ihren Preis, das weiß und akzeptiert wohl ein jeder. Die spannende Frage aber, die jetzt Länder wie Bürger umtreibt, ist, wie hoch der künftig sein wird und ob die zentrale Geldsammelstelle das Ganze noch unnötig teurer macht. An den preissteigernden Fakten ändert sich jedenfalls so schnell nichts: Immer mehr Ältere mit schweren Leiden belasten die Kassen. Bei Jüngeren dagegen treten zunehmend Alterskrankheiten auf. Dort liegen die Grenzen sowohl für den medizinischen wie auch den pharmazeutischen Fortschritt. Preisgünstigere Medikamente sind da nur ein Trostpflaster.
Quelle:
Leipziger Volkszeitung