Südwest Presse: Kommentar zu Idomeneo
Archivmeldung vom 27.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSo viel haben Politiker schon lange nicht mehr über Oper geredet, außer in Spardebatten. Jetzt plädieren sie für die Kunstfreiheit: Weiter so!
Da setzt die Intendantin der Deutschen Oper Berlin schon heute die
für November geplante Aufführungsserie einer Mozart-Oper ab, weil sie
islamistische Anfeindungen befürchtet. Da seien Szenen des "Idomeneo"
ein "unkalkulierbares Sicherheitsrisiko".
Diese Selbstzensur ist einmalig und verwerflich. Sie entsteht in
einem Klima der Angst. Bald müssen wohl Opernintendanten zusammen mit
dem Verfassungsschutz ihre Spielpläne durchforsten. Ein friedlicher
Dialog der Religionen und Kulturen sieht jedenfalls anders aus. Erst
der Aufruhr wegen Mohammed-Karikaturen, dann das Papst-Zitat, jetzt
eine Mozart-Oper. Moment mal: Der "Idomeneo" ist ein Musiktheater
über einen antiken König, der an den Göttern verzweifelt; der
Regisseur Hans Neuenfels aber zeigt in seiner Inszenierung einen
Idomeneo, der am Ende den abgeschlagenen Kopf des Mohammed
präsentiert - neben einem solchen von Jesus, Buddha und Poseidon.
Das soll verstehen, wer will. Das Publikum regt sich darüber seit
drei Jahren auf, das gehört bei Neuenfels-Inszenierungen dazu. Na
und? Wer nur Skandal macht, der macht noch lange kein gutes Theater.
Aber Theater - das muss man schon noch machen dürfen. Und wenn die
Staatsgewalt diese Freiheit schützen muss.
Quelle: Pressemitteilung Südwest Presse