Westfalenpost: Der Mut wächst Aber wirklich große Gesundheitsreform?
Archivmeldung vom 07.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnd sie bewegen sich doch, die Gesundheitsreformer der schwarz-roten Koalition. Zwar sind die Konturen ihres Werkes noch immer nebulös. Gleichwohl vermitteln sie nach dem zweiten Treffen ihrer Spitzenrunde den Eindruck: Die Zuversicht wächst. Und mit ihr der Mut und auch der Maßstab, den die Beteiligten ans Gelingen ihres Werkes anlegen.
Es ist jetzt nicht mehr, wie noch vor kurzem hier und da, die Rede
davon, dass die Koalitionspartner sich wegen der Unvereinbarkeit
ihrer konkurrierenden Konzepte - hier Bürgerversicherung, dort
Gesundheitsprämie - wohl nur auf etwas Vorläufiges, nicht länger als
zwei bis drei Jahre Haltbares einigen könnten. Nein, es sollte schon
ein "großer Wurf" werden, das versprechen uns neuerdings beide, Union
wie SPD.
Eine große Reform also. Ein Struktureingriff, mit dem auf Jahre
hinaus die beiden Seiten des Gesundheitswesens saniert werden sollen,
Finanzen und Ausgaben. Wobei das Letztere, die Kostenseite, der
eigentlich heikle Punkt ist. Da geht es ja ums Sparen. Da müsste man
den Hammer schwingen gegen versteinerte Besitzstände, mehr Wettbewerb
erzwingen zwischen Kassen, Ärzten, Apotheken, Pharma-Herstellern. Und
dabei dem brachialen Widerstand der einschlägigen Lobby trotzen.
Versprochen worden ist uns das vor jeder Gesundheitsreform der
vergangenen Jahrzehnte. Nachhaltiger Erfolg ist bislang ausgeblieben.
Auch jetzt ist es wohl nicht von ungefähr, dass von den Sparplänen
der Koalition, ihrer Absicht, die "Anbieter" im Gesundheitswesen in
die Pflicht zu nehmen, von Lippenbekenntnissen abgesehen weit weniger
Konkretes erkennbar ist als von dem, was auf die Versicherten
zukommt. Für diese gilt das Kanzlerinnen-Wort: Es wird nicht
billiger, sondern tendenziell immer teurer. Da müssen wir uns
womöglich darauf gefasst machen, dass die Koalitionäre ganz
unideologisch ihre konkurrierenden Modelle kombinieren, also
Bürgerversicherung plus Prämie plus Steuern, alles was Geld bringt
eben.
Quelle: Pressemitteilung Westfalenpost