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Westdeutsche Zeitung: Bauernfleiß zum Dumpingpreis

Archivmeldung vom 28.05.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Verbraucher freut's: Bei den großen Discountern zahlen sie jetzt nur noch rund 61 Cent für den Liter Milch. Auch die Preise für andere Milchprodukte wie Butter oder Joghurt sind im Sinkflug. Ein Lichtblick also in Zeiten stetig steigender Lebensmittelpreise?

Wohl nur auf den ersten Blick. Denn für die Discounter und Handelsketten sind die sinkenden Preise für Milch und Molkereiprodukte letztlich nur eine äußerst willkommene Ablenkung der Kunden von steigenden Preisen bei anderen Lebensmitteln. Dabei sind die Gründe für den Preisverfall der Milch vielschichtig und zum Teil auch bei den Milcherzeugern selbst zu suchen. Denn Hintergrund der derzeitigen Niedrig-Preise sind paradoxerweise die Preissteigerungen vom Frühjahr 2007. Teurer wurde die Milch damals unter anderem, weil weltweit die Nachfrage stieg. Dies stachelte die deutschen Milchbauern an, mehr zu liefern. Molkereien und landwirtschaftliche Berater boten sogar Prämien für Produktionsausweitungen - die bei Erzeugerpreisen von 40 Cent für die Landwirte auch lukrativ waren. Doch auf den Höhenflug der Milchpreise folgte der Verfall. Nicht nur die steigende Produktion machte die Milch günstiger. Zusätzlichen Druck übte auch der wachsende Wert des Euro aus, der den Export bremste: Deutsche Milch wurde außerhalb Europas immer teurer, und das heimische Angebot wuchs weiter. Dieses Überangebot nutzen nun die Discounter aus. Denn deren Nachfrage-Kartell steht nur eine zersplitterte Anbieter-Gruppe gegenüber: In Deutschland gibt es knapp über 100 Molkereien, die mit den Einzelhandelsketten Preise aushandeln, die dann für sechs Monate gelten. Aufgrund ihrer Marktmacht können Aldi, Lidl und andere Discounter die Preise drücken. Jetzt umso mehr, weil eben zu viel Milch auf dem Markt ist. Von "Raubtierkapitalismus" sprach Bauernpräsident Sonnleitner in diesem Zusammenhang. Der gestern begonnene Milch-Streik scheint aus Sicht der Bauern die einzige Möglichkeit, dieser Marktmacht Paroli zu bieten. Doch wie der Streik auch ausgehen mag: Am Ende werden zahlreiche Milchbauern ihre Betriebe aufgeben müssen. Und das kann nicht im Sinne der Verbraucher sein.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Horst Kuhnes)

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