Neue OZ: Kompromat auf Deutsch
Archivmeldung vom 16.11.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFür sich allein macht die Information in Behördenhand, wer wann mit wem telefoniert oder eine E-Mail ausgetauscht hat, den Bock nun wirklich nicht fett. Zumal in einem freien Land. Ist die 35000-fache Verfassungsklage gegen das Gesetz zur Speicherung von Kommunikationsdaten auf Vorrat also Wichtigtuerei?
Die Antwort weiß, wer im Blick behält, dass der Handy- oder Internetnutzer nach diesem Gesetz mit jedem Kontakt zu Buche schlägt, Angaben über Ort und Zeit inklusive. Dass es obendrein für ihn kein Bankgeheimnis gibt. Dass unzählige Überwachungskameras seine Bewegungen dokumentieren. Dass er Fremdwährung nur dann gegen Bares bekommt, wenn die Bank seine Ausweisdaten registriert. Dass er, sofern er legal eine Waffe besitzt, bis ins Detail die Sicherungsvorrichtungen seiner Wohnung offenlegen muss.
Was daraus zu entstehen droht, dafür steht im Russischen das griffige Wort Kompromat. Als Begriff für eine Materialsammlung, die sich zwecks Druck, Verfolgung oder Erpressung gegen jedermann zusammenzimmern lässt, wenn nur die Basis privatester Daten breit genug ist. Sei es von staatlicher oder gar von krimineller Seite.
Alle Erfahrung lehrt: Was an Überwachung technisch machbar ist, wird früher oder später voll genutzt. Und die Definition davon, was "nichts zu verbergen" bedeutet, unterliegt stetem Wandel.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung