Leipziger Volkszeitung zu Steuern
Archivmeldung vom 10.07.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist schon ein Trauerspiel, wenn 53 Cent im Durchschnitt von jedem verdienten Euro dem Fiskus in die Hände fallen oder von Sozialabgaben aufgefressen werden. Wer sich dann noch wundert, dass die Binnenkonjunktur hinter der Entwicklung des Exports hinterherhinkt, der ist entweder naiv oder will den Tatsachen nicht ins Auge blicken, weil es unbequeme Wahrheiten birgt.
Eine dauerhafte
Reduzierung der Steuer- und Abgabenlast erfordert Reformen, für die
die große Koalition aber weder den Willen noch die Kraft hat. Leider.
Denn vor der Bundestagswahl, als Schwarz und Rot um die Stimmen
buhlten, sah die Welt der Volksparteien ganz anders aus. Die hohen
Lohnnebenkosten, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichzeitig
belasten, waren bestimmendes Wahlkampfthema. Egal ob bei den Sozis,
den Unionisten oder den Liberalen und Grünen: Die überwiegende
Mehrheit, allen voran Kanzlerkandidatin Angela Merkel, wollte den
Faktor Arbeit billiger machen, um in einem Atemzug die Unternehmen zu
entlasten und den Arbeitnehmern mehr Geld in die Taschen zu geben.
Das ist erst gut zwei Jahre her und trotzdem schon wieder Schall und
Rauch.
Eine Gesundheits- und eine Unternehmenssteuerreform sowie ein Lifting
der Pflegeversicherung und natürlich einen Paul Kirchhof weiter
spricht kaum noch jemand in der großen Koalition über die
versprochene drastische Senkung der Lohnnebenkosten. Das Thema ist
von der Hauptstadt-Agenda verschwunden. Geblieben ist statt dessen
als größter Batzen die Anhebung der Mehrwertsteuer mit einem
negativen Wachstumseffekt von mindestens 0,5 Prozentpunkten,
geschultert vornehmlich zu Lasten des privaten Konsums.
Trotzdem hat sich die Mammut-Steuererhöhung auf den Konjunkturverlauf
bei weitem nicht so negativ ausgewirkt, wie viele Skeptiker und
Pessimisten erwartet haben. Die Wirtschaft brummt, der Jobmotor
springt an. Und vor allem: Die Steuereinnahmen sprudeln kräftig.
Genau das ist es, was eigentlich Berlin jetzt zum Handeln zwingen
müsste. Die Kürzung der Pendlerpauschale oder die Anhebung der
Mehrwert- und Versicherungssteuer wurden damals mit der schlechten
Haushaltslage begründet.Doch die ist inzwischen besser als erwartet
und Deutschlands oberster Kassenwart Peer Steinbrück um Milliarden
Euro reicher geworden. Warum also nicht denen das zurückgeben, was
man ihnen vorher genommen hat? Das wäre die einzig logische - und
ehrliche - Konsequenz.
Fragt sich allerdings nur, wie? Die Ökosteuer ist für die
Koalitionäre angesichts der Klimadebatte ein Tabu-Thema. An dem
Gesundheits- und Steuersystem wird sich nach dem Hickhack wohl keiner
mehr die Finger verbrennen wollen. Bleibt deshalb im Prinzip nur die
Senkung der Arbeitslosenbeiträge - oder die Abschaffung des
Solidaritätszuschlages, wie es der CSU-Wirtschaftsexperte Hans
Michelbach anregt. Das hätte Charme und würde Arbeitnehmer und
Arbeitgeber im Jahr um rund zehn Milliarden Euro entlasten. Und es
wäre konsequent, noch konsequenter sogar als die Senkung der
Lohnnebenkosten. Der Soli, der in Ost und West gezahlt wird, sollte
nämlich keine Dauersteuer sein und nur befristet gezahlt werden. So
ist es bei der deutschen Einheit versprochen worden und nicht erst
bei der letzten Bundestagswahl.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung