WAZ: Iraner spielen Katz und Maus: Wie im Atomstreit fehlt die Strategie
Archivmeldung vom 02.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer solche Freunde hat, der braucht definitiv keine Feinde. Mit stiller Diplomatie versucht Großbritannien, seine vom Iran festgehaltenen Soldaten freizubekommen. Doch in dieser Phase prescht Irans Lieblingsdämon US-Präsident George W. Bush vor die Kameras, spricht von Geiselnahme und unentschuldbarem Verhalten.
Der Westen wirkt nicht nur ratlos, er ist es auch. Seit dem
Geiseldrama um die US-Botschaft 1979 ist es Washington und seinen
Verbündeten nicht gelungen, eine Strategie aufzubauen, wie denn im
Krisenfall mit der Islamischen Republik Iran umzugehen ist. Wie im
Atomstreit scheinen UN und EU zahnlos, Europa droht mit Maßnahmen,
ohne diese zu konkretisieren.
Es hilft wenig, darüber zu spekulieren, ob Präsident
Ahmadinedschad 1979 persönlich zu den Geiselnehmern gehörte oder
nicht. Wes Geistes Kind der Mann ist, wissen wir seit langem. Es
ändert auch nichts daran, dass Teheran durch den von Bush und Blair
initiierten Irakkrieg heute stärker als je zuvor ist. An der
Regionalmacht Iran kommt niemand vorbei, der zumindest ein Ende des
Blutvergießens im Irak will. Welche Motive wer auch immer in der
keineswegs monolithischen iranischen Führung hatte, die Briten
festzusetzen, er sitzt im Moment am längeren Hebel und organisiert
den Mob gegen die britische Botschaft.
Seit der Iran versucht, sein gefährliches Nuklearprogramm
umzusetzen, achtet er penibel auf die Unverletzlichkeit seiner
Grenzen. Weil ein Militärschlag befürchtet wird, brauchen Politiker
wie Mullahs die Beweisführung für die eigene Propaganda, dass der
Iran jeden Angriff auf seine Souveränität beantworten kann. Da kamen
die Schlauchboote mit britischen Soldaten gerade recht. Niemand weiß,
wie lange die Perser dieses Spiel durchhalten wollen. Auch weiß
niemand so ganz genau, was sie wirklich bezwecken wollen. Gut
möglich, dass intern der Streit darüber zwischen Gemäßigten und
Radikalen ausgebrochen ist.
Tony Blair ist nicht zu beneiden. In diesem Jahr gibt er das Amt des Premiers ab, hofft auf einen Eintrag ins Geschichtsbuch wegen des Friedens in Nordirland. Doch Erinnerungen an den früheren US-Präsidenten Jimmy Carter werden wach. Der verlor sein Amt durch die 444 Tage währende Geiselnahme 1979 in Teheran. Die galt als Beweis seiner Führungsschwäche.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung