Neues Deutschland: zur Debatte um die CIA-Gefangenenlager
Archivmeldung vom 09.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnsere Kanzlerin beweist scheinbar Übermut. Obwohl sie bei ihrem Vorgänger beobachten konnte, wie allergisch Bush auf Kritik aus dem alten Europa reagiert, findet Merkel, dass die Folterhölle Guantanamo »auf Dauer« und »so« nicht existieren sollte.
Fragt sich, wie lange dieser Ort der Menschenrechtsverletzung aus
ihrer Sicht noch vertretbar ist und wie anders solche Kerker künftig
aussehen sollen. Denn es ist, so kann man ihrem Interview entnehmen,
doch ganz praktisch, wenn auch deutsche Dienste
Gefangenengeständnisse erhalten, von denen hier zu Lande keiner
wissen will, wie sie erzwungen wurden.
Insgesamt erweist sich also all das, was Merkel ihrem Kollegen in
Washington ins Stammbuch schreiben will, als zwar schön klingendes,
doch letztlich hohles Geschwätz. Denn sonst hätte sie längst zeigen
können, wie offensiv und ehrlich man politische Kriminalität
bekämpft. Fragen hat es genug gegeben. Beispielsweise nach Verhören
deutscher Geheimdienst- und Polizeiagenten in solchen US-geleiteten
Folterknästen. Noch immer verweigert die Regierung Auskünfte darüber,
wie und wann US-Gefangenenflüge über Deutschland abgewickelt wurden.
Noch immer ist nicht erhellt worden, welche illegale
Geheimdienst-Assistenz von der Bundeswehr geleistet wurde.
Die Fragen wurden vor Weihnachten gestellt. Schwarz-Rot hoffte auf
festtägliches Vergessen. Und lag damit gar nicht so falsch. Wie also
wäre es mit Wiedervorlage?
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland