Rheinische Post: Türkisches Risiko
Archivmeldung vom 26.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie türkische Militäroffensive im Nordirak ist ein äußerst risikoreiches Unternehmen. Es kann die Region auseinanderreißen. Ankara hatte schon früher aus berechtigtem Sicherheitsinteresse die Grenze zeitlich und räumlich begrenzt überschritten, um gegen die Stützpunkte der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans vorzugehen.
Der Erfolg war immer mäßig. Wäre er nachhaltig gewesen, hätte Ankara nicht erneut die militärische Karte gezogen. Die türkische Offensive kam zu einem Zeitpunkt, zu dem sich das Kosovo von Serbien unabhängig erklärt hat. Die Türkei war eines der ersten Länder, die den Abtrennungswunsch der Kosovaren anerkannt hatten. Möglicherweise will Ankara mit seiner Offensive separatistische Kurden davon abhalten, dem Beispiel des Kosovo zu folgen. Doch das wird allein mit militärischen Mitteln nicht gelingen. Es fehlt das politische Konzept. Die Operation im Nordirak fordert vor allem die Kurden heraus, die nicht zur PKK gehören. Dieser autonome kurdische Teil ist der stabilste im irakischen Staatsgefüge. Verständlich, dass die USA daher auf ein kurzes türkisches Intermezzo hoffen. Doch wenn die Türken länger im Irak bleiben, werden sie als Besatzer empfunden und bekämpft, denn die kurdische Autonomie ist bedroht.
Quelle: Rheinische Post (von Godehard Uhlemann)