Allg. Zeitung Mainz: Kriegslist
Archivmeldung vom 07.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNun soll es also ein Versehen beim Kopieren gewesen sein, das eine wichtige Textpassage zunichte machte, und damit - vorläufig - das Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren. Zu dumm nur, dass solche Missgeschicke offenbar allzu gerne Sozialdemokraten in Hessen heimsuchen.
Vor eineinhalb Jahren vergaßen es die Genossen in Wiesbaden, ihren Kandidaten für die OB-Wahl anzumelden. Niemand ist gegen Pannen gefeit. Aber wenn die sich häufen, wird es peinlich. Und dann sind diejenigen, die Fehler machen, gut beraten, nicht zu lamentieren und die Schuld nicht bei anderen zu suchen. Wohl wahr: Koch hätte die Sache im Vorfeld geraderücken können. Ja, er hat SPD, Grüne und Linke ins offene Messer laufen lassen. Aber so ist es nun mal geworden, das politische Geschäft. Und wer das nicht aushält, der hat in diesem Metier, in dem ja durchaus ordentlich verdient wird, nichts verloren. Entscheidend ist: Anders als in der Parteispendenaffäre 2000 hat Koch diesmal die Grenze zur Unanständigkeit nicht überschritten. Er hat eine Kriegslist angewendet, aber keinen Rechtsbruch begangen. Für die Parteien, die im Wiesbadener Landtag zwar rechnerisch eine Mehrheit, faktisch aber - wie man sieht - deshalb noch lange nicht die Macht haben, mag das eine Lehre sein. Dass nach diesem Eklat die Chancen auf Jamaika, so es sie je gegeben hat, gegen Null tendieren, liegt auf der Hand. Andererseits wäre es Harakiri, wenn Ypsilanti versuchen würde, sich zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Neben Dagmar Metzger, die sich offen zu ihrem Nein bekennt, gibt es sicher noch mehr Genossen, die sich zu Recht gegen Links entscheiden würden, wenn es zum Schwur käme. Die Zeichen stehen auf Neuwahlen.
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz (von Reinhard Breidenbach)