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Berliner Morgenpost: Schluss mit der Kulanz gegenüber Griechenland

Archivmeldung vom 23.04.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.04.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eine Tragödie soll alles darstellen, was Furcht und Mitleid erregt, so gab es der griechische Philosoph Aristoteles einst vor. Zumindest das Kriterium hat Griechenland bisher perfekt erfüllt. Wer schon dachte, schlimmer könne ein europäisches Land seinen Haushalt und die eigene Glaubwürdigkeit nicht mehr beschädigen, sieht sich nun eines Besseren belehrt.

 Erneut sind die Zahlen für das Etatdefizit des Landes deutlich nach oben korrigiert worden. Doch selbst das von der EU errechnete Minus von 13,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reicht vermutlich nicht aus, um die wirkliche Misere abzubilden. Es gibt gute Gründe dafür, alle Zahlen, die Athen meldet, unter Generalverdacht zu stellen. Das aber ist genau der entscheidende Punkt. Griechenland steht kurz davor, ein milliardenschweres Rettungspakt von seinen europäischen Partnern und dem Internationalen Währungsfonds zu bekommen. Dass Gelder fließen werden, ist angesichts der angespannten finanziellen Lage womöglich nur noch eine Frage von Tagen. Der Preis dafür ist hoch. Um den Griechen zu helfen, hat Europa einen Grundgedanken des Maastrichter Vertrags geopfert und damit das Fundament des Euro empfindlich geschwächt. Die Folgen lassen sich am Sinkflug der Währung an den Finanzmärkten ablesen. Trotzdem sind die Euro-Länder gegenüber dem Schuldensünder bisher sehr kulant aufgetreten. Damit muss nun Schluss sein. Wenn Europa einigermaßen glaubwürdig bleiben will, sollte es ab jetzt härter durchgreifen und Griechenland strenger überwachen. Dazu gehört auch, dass die Euro-Länder ein noch engmaschigeres Kontrollnetz spannen und in noch kürzeren Abständen überprüfen, was ihnen da an Zahlen aus Athen vorgelegt wird. Dazu gehört zudem, dass sie glaubhafte Strafen androhen und vor allem zügig umsetzen, sollte sich Griechenland nicht peinlich genau an die getroffenen Absprachen halten. Denn wie es aussieht, hat das Land aus den Lehren der vergangenen Monate vor allem einen Schluss gezogen: Dass es sich mit dem Versprechen auf Hilfe in der Tasche weiterhin trefflich tricksen lässt. Dabei hat Griechenland noch Glück, dass es klein genug für eine Rettung durch die europäischen Partner ist. Das allerdings lässt Böses ahnen für den Moment, wenn große Länder fallen. Denn sollte das griechische Beispiel von den Zahlentricks Schule machen oder andere Euro-Mitglieder von den nervös gewordenen Investoren an den Finanzmärkten unter Generalverdacht gestellt werden, wären die Rettungsmöglichkeiten der EU schnell erschöpft. Pleitefälle innerhalb Europas oder gar der Austritt eines oder mehrerer Länder aus dem Euro wären dann unausweichlich. Das ist die eigentliche Tragödie an dem Schauspiel, dass Griechenland dieser Tage abliefert. Und je länger es andauert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die schwerste Krise seit dem Start des Euro vor bald zehneinhalb Jahren doch noch ein halbwegs gutes Ende nimmt.

Quelle: Berliner Morgenpost

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