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Börsen-Zeitung: Schweigen wäre Gold

Archivmeldung vom 05.08.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Spötter sagen, dass José Manuel Barroso am liebsten Makkaroni isst, weil er durch die Löcher weiterreden kann. Zumindest zuletzt hat der EU-Kommissionschef wenige Chancen ausgelassen, sich zur Schuldenkrise zu Wort zu melden. Etwa vor dem Euro-Sondergipfel, als er einen Appell an die Regierungschefs richtete. Oder kurz darauf, als er Sprecher verkünden ließ, dass viele seiner Forderungen aufgegriffen wurden.

Leider haben sich die Investoren trotzdem nicht beruhigt. Im Gegenteil: Die Schuldenkrise breitet sich aus. Das scheint wiederum Barroso ganz nervös zu machen - eine Ansteckungsgefahr, die bisher kaum jemand im Blick hatte. Seine Erklärung am Mittwoch, sich doch bitte schön mit der Umsetzung der Gipfel-Beschlüsse zu beeilen, war zwar nicht sehr hilfreich, aber wenigstens unschädlich. Den Regierungen Dampf zu machen, um damit Verständnis für die Ungeduld der Anleger zu zeigen, mag als Versuch der verbalen Marktmassage so eben durchgehen.

Unklar bleibt indes, was ihn gestern geritten hat, die Gipfelergebnisse als "unvollständig" herabzustufen - ein riskantes Downgrading. Denn zugleich fordert er eine zügige Überprüfung "aller Elemente" der EFSF, also auch der Ausstattung.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Es gibt gute Gründe, in Frage zu stellen, ob das EFSF-Volumen reicht, um effektive Marktpflege für Spanien und Italien zu betreiben. Aber erstens hat Barroso überhaupt keine Karten im Spiel, denn darüber entscheiden andere. Zweitens weiß er nur zu gut, welche politischen Schwierigkeiten Finnen, Niederländer oder Deutsche haben, überhaupt die noch ausstehende Aufstockung der EFSF auf effektiv 440 Mrd. Euro zu Hause zu rechtfertigen. Ist ihm wirklich an einer noch stärkeren Ausweitung des Schirms gelegen, bringt ihn eine Politik der öffentlichen Bekanntmachung gewiss nicht voran. Und drittens taugt ein mehrdeutiger Brief ganz sicher nicht zur Marktberuhigung - schon gar nicht gestern, als die Investoren nach Frankfurt blickten, wo die Euro-Zentralbank um eine Entschärfung der Lage bemüht war. Die Wortmeldung aus Brüssel muss wie ein Störfeuer gewirkt haben. Geradezu ironisch klingt, wenn Barroso dann noch "undisziplinierte Kommunikation" anprangert.

Vielleicht steht sein Brief in Zusammenhang mit dem Hin und Her über die Führung der Eurogruppe und den Spekulationen über eine wichtigere Rolle für EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy - mag sein, mag nicht sein. Aber egal, welche Motive den Portugiesen getrieben haben: Schweigen wäre Gold gewesen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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