Lausitzer Rundschau: Ansätze einer Weltregierung
Archivmeldung vom 01.04.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDass die Menschen dieser Erde wie nie zuvor in ihrer Geschichte voneinander unmittelbar abhängig sind, ist unübersehbar. Die Finanzkrise hatte diese globale Kaskade von Fehlverhalten hier und drastischen Folgen dort für jeden erfahrbar gemacht.
An das Treffen der Regierungschefs der größten 20 Industrienationen in London werden deshalb weltweit große Erwartungen gesetzt. Vordergründig die, dass sie die Finanz- und Wirtschaftskrise lösen. Aber dann auch, dass sie Ansätze einer Weltregierung bilden. Denn die, die dort am heutigen Mittwoch zunächst im Buckingham Palast mit der Queen zum Aperitif zusammenkommen, sind die Stärksten der Welt. Sie sind auch das Schicksal der Welt. Sie besitzen die Industrien und das Geld, das Wissen und die Macht. Noch sind sie weit entfernt davon, sich als Verantwortungsgemeinschaft zu fühlen. Doch sie sind es. Die G8-Treffen, die Kaminabende des alten Westens, haben ihren Wert verloren, denn sie beziehen die Schwellenländer nur als Zaungäste ein. Die Vereinten Nationen wiederum mit ihrer Fülle von Entwicklungsländern können zwar die Fragen von Krieg und Frieden beraten, auch die der Umwelt und der weltweiten Entwicklung. Aber sie können niemals eine Mehrheit gegen die Großen mobilisieren, wenn diese selbst nicht wollen. Ein drittes G20-Treffen nach London ist bereits angedacht. Daraus könnte, ja muss ein Prozess werden, der tatsächlich zum Kern einer Weltregierung für die zentralen ökonomischen Fragen führt. Zunächst geht es darum, die Finanzmärkte wieder in Ordnung und das heißt, unter Kontrolle zu bringen. Dann um die unmittelbare Stimulierung der Weltwirtschaft durch abgestimmte Konjunkturmaßnahmen. Beides wird angesichts der vorherrschenden Egoismen schwer genug. Der nächste Schritt ist viel größer: Die G20 müssen so etwas wie die Prinzipien eines nachhaltigen Wirtschaftens und eines gerechten Welthandels definieren und sich auf sie verpflichten. Dazu gehört zwingend auch das Ziel einer klimaschonenden Energieversorgung und Produktion. Der amerikanische Präsident Barack Obama hat die Bereitschaft zu einer solchen internationalen Kooperation erkennen lassen. Das ist die große Hoffnung. Ihm sollten nun auch die Europäer folgen, auch Angela Merkel, die gegenüber einer Erweiterung der G8-Treffen bisher so skeptisch war. London kann über das Konkrete hinaus ein Meilenstein werden, wenn dort der Geist der Konkurrenz wieder in die Flasche gesteckt und der der globalen Verantwortung herausgelassen wird.
Quelle: Lausitzer Rundschau