VPRT-Vorstand zur ARD-Digitalstrategie: Digitales Utopia auf Kosten der Gebührenzahler und zu Lasten des dualen Rundfunksystems
Archivmeldung vom 22.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls "digitales Utopia" zu Lasten von Gebührenzahlern und dualem Rundfunksystem hat der Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT), Jürgen Doetz, die von der ARD in dieser Woche vorgestellte Digitalstrategie eingeordnet.
Vor dem Hintergrund der EU-Vorgaben zur "Finanzierung
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland" vom
April diesen Jahres und den aktuellen Überlegungen der Länder zur
deren Umsetzung dokumentiere das Papier einen vollkommenen
Realitätsverlust der Intendanten und das maßlose Wunschdenken der
öffentlich-rechtlichen Anstalten. "Das Papier ist wenige Wochen nach
dem Kompromiss ein Affront für die Länder und die EU-Kommission
insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Länder eine Realisierung
wesentlicher Elemente der Kommissionsvorgaben im Rahmen einer
Zielvereinbarung mit ARD und ZDF zeitnah bereits vor der Umsetzung im
11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ins Auge fassen", so Doetz.
Der
VPRT-Vorstand wird sich heute am Freitag in Berlin mit dem ARD-Vorstoß
befassen und auf Grundlage einer detaillierten Bewertung in den
nächsten Wochen intensive Gespräche mit den Ländern über die
Umsetzung der EU-Vorgaben und das ARD-Papier führen.
Der VPRT-Vorstand weist in einer ersten Einordnung darauf hin,
dass der öffentlich-rechtliche Programmauftrag quantitativ und
qualitativ hinreichend konkret beschrieben werden müsse. Der "Public
Value Test", dem neue Angebote der Öffentlich-Rechtlichen zukünftig
unterzogen werden sollen, müsse an Hand konkreter Kriterien präzise
ausgestaltet und staatsvertraglich verankert werden. VPRT-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachbereichsvorstandes
Fernsehen und Multimedia, Dr. Tobias Schmid: "Justiziable,
überprüfbare Bedingungen, zu denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk
seine Aktivitäten ausweiten kann, sind dringend geboten, denn eine
unbestimmte Experimentierklausel, die auf dem Grundsatz zu basieren
scheint, dass alles vom Grundversorgungsauftrag umfasst ist, was
technisch möglich ist, hat mit der Grundidee des dualen
Rundfunksystems nichts mehr zu tun. Der Umfang des
öffentlich-rechtlichen Auftrags begründet sich zudem nicht auf der
Größe seines Archivraums." Schmid unterstreicht, dass der Ausbau der
digitalen Nachrichtenkanäle, das Umsetzen neuer mobiler und
Abrufdienste und der ungezügelte Einkauf von Sportrechten durch ARD
und ZDF die wettbewerbliche Schieflage für die privaten Sender weiter
dramatisch verschärft. "Wenn die EU-Vorgaben nicht umgehend umgesetzt
werden, wird die private Medienwirtschaft durch die aggressive und
ungezügelte Expansion der Anstalten nachhaltig und erheblich
geschädigt", so Schmid.
VPRT-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachbereichs Radio und
Audiodienste sowie Geschäftsführer von Radio/Tele FFH, Hans-Dieter
Hillmoth, warnte ebenfalls vor den digitalen Expansionsplänen der ARD
im Hörfunkbereich: "Nachdem insbesondere die Politik bereits deutlich
gemacht hat, dass das vom Deutschlandradio geplante Zusatzangebot
'D-Plus' unzulässig ist, muss den Plänen zur Neukonfektion
vorhandener Inhalte zu neuen Zusatzangeboten eine klare Absage
erteilt werden. Sie bedeutet die Einführung neuer Programme, die
gegen die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehene Deckelung der
bestehenden Programmzahl verstößt. Eine Einführung neuer Programme
darf es nur im Austausch gegen bestehende Programme geben."
Als völlig absurd bezeichnet der VPRT den Vergleich der
Rundfunkgebühr mit einer von der ARD so bezeichneten
"Content-Flatrate". "Dieses Verständnis der solidarfinanzierten,
öffentlich-rechtlichen Gebühr dokumentiert die vollkommene
Wettbewerbsausrichtung der Öffentlich-Rechtlichen gegenüber den
privaten Medien", kritisierte Doetz abschließend.
Quelle: Pressemitteilung VPRT