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Kein Blick zurück

Archivmeldung vom 10.09.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.09.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die neuerlichen Rufe nach einer Kaufprämie für moderne Verbrenner sind auch beim zweiten Autogipfel nach Ausbruch der Coronakrise unerhört verklungen. Im Ergebnis blicken die Gipfelteilnehmer nur nach vorn: Mehr Tempo beim Aufbau eines kundenfreundlichen Ladenetzes für E-Autos, Hilfen für Zulieferer in Not sowie ein schnellerer Regelbetrieb autonom fahrender Autos auf deutschen Straßen.

Auf der einen Seite ist das sicher gut. Da kann die Branche noch so viel lamentieren, dass moderne Verbrenner einen guten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die meisten Regulierer marschieren global in eine andere Richtung. In der E-Mobilität kann die starke deutsche Autoindustrie abgehängt werden. Beim Verbrenner ist und bleibt sie vorn dabei.

Die momentane Absatzflaute hängt eben nicht primär an fehlenden Kaufanreizen für Verbrenner. In der Touristik, der Gastronomie, Teilen des stationären Einzelhandels, der Unterhaltungskunst und der Event-Industrie stehen unzählige Unternehmen vor dem Aus, Mitarbeiter haben Verdienstausfälle. Eine Prämie reizt da kaum zum Autokauf.

Dass auch die Autoindustrie vor dramatischen Umwälzungen steht, hat am Mittwoch die Ankündigung des Zulieferers Schaeffler, 4400 weitere Stellen abbauen zu wollen, erneut vor Augen geführt. Eine außerordentliche Hauptversammlung soll am Dienstag der Ausgabe von bis zu 200 Millionen neuen Aktien zustimmen. Die gute Milliarde Mittelzufluss will CEO Klaus Rosenfeld in Zukunftsfelder wie Windkraft, Wasserstofftechnik und E-Mobilität investieren. Und wenn schon die Unternehmen, die am besten wissen sollten, wo ihre Mittel am Produktivsten eingesetzt sind, keinen Blick zurück riskieren - warum sollte es der Staat?

Problematisch am Autogipfel ist, dass die Ankündigungen in weiten Teilen unkonkret bleiben und erst noch ausgearbeitet werden müssen. Die versprochenen Hilfen könnten einige kleine Zulieferer oder auch Kfz-Werkstätten, die ebenfalls Notsignale funken, zu spät erreichen. Es ist zwar gut, dass ein marktwirtschaftliches Konzept erarbeitet werden soll. Schlecht ist aber zu glauben, dafür blieben noch Monate Zeit. Dass man den Niedergang der Verbrenner-Zulieferer mit der Verdopplung der Anhebung des Umweltbonus womöglich selbst beschleunigt hat, hätte indes ein Blick zurück zutage fördern müssen. Der E-Auto-Anteil an den Neuzulassungen ist jedenfalls rasanter gestiegen als die Produktionskapazität der Hersteller.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Sebastian Schmid


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