WAZ: Norwegens Liebe zur Freiheit
Archivmeldung vom 26.07.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach dem Massaker in Norwegen schlägt die Stunde der Oberschlauen. Der Polizei und dem Staatsschutz werden heftige Vorwürfe gemacht. Da habe ein rechtsradikaler Nationalist im Internet unbeachtet seine wirren Thesen veröffentlichen können. Ein wachsamer Staat hätte sich dagegen den Attentäter schon früher vorknöpfen können. Und es sei ein Armutszeugnis, dass die Polizei erst so spät auf der Horror-Insel eingetroffen ist.
Es ist selbstverständlich zwingend, dass nun haarklein aufgearbeitet wird, warum niemandem die Verwandlung des unauffällig und angepasst lebenden Norwegers zum anti-islamistischen Terroristen aufgefallen ist. Man wird in Norwegen aus polizeilichen Fehlern lernen und auch über Grenzen der Freiheit reden.
Insgesamt ist die Reaktion der Norweger auf das Massaker wohltuend. Trotz des unfassbaren Schmerzes lassen sie sich nicht zu eilfertigen Erklärungen hinreißen. Auch von Hass und Rache ist nichts zu spüren. Die Norweger erweisen sich in der Stunde tiefster Trauer als Vorzeige-Demokraten, die ihre offene, freiheitliche Gesellschaft nicht infrage stellen. Damit haben sie schon einen Sieg gegen alle Feinde der Freiheit errungen. Denn egal, ob anti-islamistische oder islamistische Terroristen, beide träumen von einem diktatorischen Unterdrückungsstaat.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)