Westdeutsche Zeitung: Jugend - besser als ihr Ruf
Archivmeldung vom 22.09.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFür Erwachsene sind Jugendliche häufig unbekannte Wesen. Entsprechend abfällig wird manchmal über die junge Generation geredet: Sie sei konsumverwöhnt, faul, politisch desinteressiert, natürlich schlecht gebildet und im Zweifel auch noch gewalttätig. In dieser Atmosphäre kommt die Shell-Studie gerade richtig, um das Bild zurechtzurücken.
Denn obwohl die Jugend allen
Grund hätte zu rebellieren, gibt sie sich pragmatisch,
werteorientiert und leistungsbereit. Mit Blick auf die Vielzahl von
Problemen, die unsere Gesellschaft jetzt und in der Zukunft zu
bewältigen hat, ist das schon bemerkenswert.
Besser als jede Pisa-Untersuchung macht die Shell-Studie aber auch
deutlich, dass Deutschland immer noch keinen Weg gefunden hat, die
Chancengleichheit im Bildungssystem sicherzustellen. Während
Gymnasiasten in eine überwiegend rosige Zukunft schauen, können
Hauptschüler kaum darauf hoffen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen.
Eine große Volkswirtschaft wie Deutschland kann es sich ökonomisch
nicht leisten, dieses Potenzial zu verschwenden. Hier muss die
Wirtschaft Perspektiven schaffen. Aber auch mit frühkindlicher
Förderung allein ist es nicht getan. Genauso wichtig ist es, Eltern
Hilfe zu geben. Denn die Tatsache, dass 15 Prozent mit der
Erziehung überfordert sind, spricht für sich.
Kinder und Jugendliche sind die besten politischen Seismografen, denn ihr Verhalten erlaubt eindrucksvoller als jede Sonntagsfrage Rückschlüsse auf den Zustand unserer Gesellschaft. So gesehen erfüllt die heutige Generation alle Erwartungen nach Verantwortung, Leistungsbereitschaft und Familiensinn. Wo aber bleiben die Unbeschwertheit und die Sorglosigkeit, die das Jungsein so einzigartig machen? Die sind leider unter der Last der Zukunftsangst verloren gegangen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung