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Leipziger Volkszeitung zur Steuererhöhung

Archivmeldung vom 17.06.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.06.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es ist wenig glaubwürdig, wenn Länder mit hohen Staatsschulden und Not leidenden Haushalten im Bundesrat so tun, als wollten sie ernsthaft die Mehrwertsteuer-Erhöhung zum Jahreswechsel aufhalten. Elf von 16 Bundesländern hantieren bereits mit ihren Etats an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit.

Vom föderalen Wettbewerb zwischen Bund und Ländern sowie vom Wettlauf um die beste Politik kann unter bisherigen Bedingungen kaum die Rede sein, da die aufgehäuften Schulden nicht viel mehr als eine brachiale Rotstift-Politik zulassen.
Wer Gestaltung durch aktive Politik wirklich will, muss die staatlichen Ebenen wieder handlungsfähig machen. Hinzu kommt die Unglaubwürdigkeit der oppositionellen Dukateneselei. Da tun einige neunmalkluge B-Klassenpolitiker und Wirtschaftstheoretiker so, als lägen die Milliarden des Staates quasi auf der Straße und die verantwortlichen Politiker seien bloß zu dumm oder zu verbohrt, um allen alles zu versprechen und auch noch die Steuern zu senken. Die höhere Mehrwertsteuer ist für viele ein Ärgernis. Zu Recht. Sie stellt ein Risiko für die Konjunktur dar. Das ist unbestritten. Und sie könnte die billigste Form von Politik sein, weil sie alle teuer zu stehen kommt und falls sie als Endpunkt jeder Reformpolitik missverstanden wird. Sie bietet aber die Chance, die Zukunft solide zu gestalten, wenn die zukünftig 19 Prozent Teil eines reformerischen Gesamtkunstwerkes sind. Dazu gehören fünf Eckpunkte zur Orientierung:Eine seriöse Finanzplanung; Konzentration des Sozialstaates auf diejenigen, die tatsächlich Starthilfe brauchen oder unverschuldet in Not gera-ten sind; Entlastung des Faktors Arbeit von Fremdkosten; Senkung der Lohnzusatzkosten; Zukunftsinvestitionen in Köpfe und in eine kinderfreundliche Infrastruktur.
Noch steht nicht fest, ob die große Koalition den billigen Weg geht oder den Mut zur Grundsanierung aufbringt. Momentan sieht es mehr nach teurem Trippeltrappel à la Merkel aus:Groß daherreden, aber kleingeistig handeln. Und irgendwo geht einem die ständige Beschränkung der Politik auf das pragmatisch Machbare auch auf den Geist - weil es sehr wohl noch Werte und große Ideen gibt, die alle beflügeln können. Stehen nicht gerade Fußballtrainer Klinsmann und die so erfrischend ungefährliche Nationalstimmung im WM-Land Deutschland dafür, wie wichtig Mut, Emotion und das Verlassen ausgetretener Wege sein können?
Die Bundesbürger erweisen sich als erstaunlich spontan und enorm begeisterungsfähig. Nicht alle haben das erwartet. Das wäre die Chance für die Politik, vorausgesetzt Merkel entwickelt im Amt die Fähigkeiten, wie sie Klinsmann auf der Trainerbank zeigt. Schon die Entscheidungsrunde zur Gesundheitsreform - zeitlich parallel zum WM-Finale - kann Deutschland ganz nach vorn bringen. Dann müssten aber einige begreifen, dass es nichts nutzt, Kampfbegriffe wie den vom Gesundheitsfonds öffentlich einfach einmal auszuprobieren. Man möchte schon wissen, wozu das alles, wem nutzt es, wer bezahlt die Rechnung und wie lautet das Ergebnis.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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