Lausitzer Rundschau: Zum Streit um den Aussteuerungsbetrag: Theorie gut - Praxis schlecht
Archivmeldung vom 15.08.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittViele Ärgernisse bei Hartz IV hat die Bundesregierung mittlerweile beseitigt. Erinnert sei nur an die wundersame Vermehrung der Bedarfsgemeinschaften, die auf eine großzügige Regelung für erwachsene Kinder zurückging. Doch es gibt auch weniger spektakuläre Fehlkonstruktionen, die leider immer noch Bestand haben.
Gemeint ist der Aussteuerungsbetrag, durch den die
Arbeitsagenturen zu einer schnellen Vermittlung ihrer Kundschaft
animiert werden sollten. Die Idee war sicher gut gemeint. Aber in der
Praxis kommt es zu haarsträubenden Verwerfungen. Wenn Vermittler, wie
in der Arbeitsagentur Bremerhaven geschehen, eine ausdrückliche
Anweisung haben, gerade bei den Problemfällen auf teure
Qualifizierungsmaßnahmen zu verzichten und lieber die 10 000 Euro pro
Fall an den Bund überweisen, dann läuft etwas schief im Sozialstaat
Deutschland. Der gesetzliche Handlungsbedarf ist offensichtlich.
Zumindest müssten Weiterbildungskosten bei der Bemessung des
Aussteuerungsbetrages berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund der
Misere im Bereich der Langzeitarbeitslosigkeit dürften denn auch
viele die geplante Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung
mit gemischten Gefühlen betrachten. Sicher, für das Arbeitslosengeld
II kommt nicht die Arbeitsagentur auf, sondern der Steuerzahler. Doch
das sind finanztechnische Feinheiten. Derzeit gibt es mehr als vier
Millionen Erwerbslose, aber nur 1,5 Millionen freie Stellen. Ein
großer Teil der Betroffenen dürfte trotz Qualifizierung kaum auf dem
ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen. Die Alternative ist ein staatlich
geförderter Beschäftigungssektor, der finanziert werden muss.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau