Westdeutsche Zeitung: Post-Chef Zumwinkel tritt zurück
Archivmeldung vom 16.02.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.02.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFür viele hätte es eigentlich noch schneller gehen können: Einen Tag nach der Aufdeckung der Steuer-Affäre hat Klaus Zumwinkel, von seinen Mitarbeitern im Bonner Post-Tower wegen seiner Souveränität "Häuptling Silberlocke" genannt, seinen Rücktritt erklärt. Das war zwingend.
Ein selbstbekennender Steuerhinterzieher kann nicht weiter Chef eines Dax-Konzerns bleiben. Das versteht die breite Öffentlichkeit in Deutschland nicht. In Italien soll so etwas ja möglich sein, aber nicht bei uns. Zumwinkel bleibt aber weiter am Marterpfahl, denn die Steuerfahnder werden nicht locker lassen, bis der letzte Cent zurückgezahlt und die Schuld gesühnt ist - voraussichtlich mit Geldstrafe. Dabei war der Post-Chef nach Aussagen der Ermittlungsbehörden nur der erste prominente Fall, an dem ein für die Öffentlichkeit wirksames Exempel statuiert wurde. Er wurde quasi in Ketten vorgeführt, um tausende weitere Steuerhinterzieher weich zu kochen. Sie sollen sich freiwillig per Selbstanzeige stellen. Das spart bei den Steuerbehörden viel Arbeit, und das Geld kommt trotzdem herein. Für die Post ist der schnelle und beschämende Weggang Zumwinkels schwierig. Es sind, auch wenn die Aktionäre darüber jubeln, längst nicht alle Hausaufgaben gemacht für einen reibungslosen Stabwechsel, der eigentlich Ende dieses Jahres kommen sollte. Die amerikanische DHL-Tochter ist ein Milliardengrab und muss fusioniert oder saniert werden. Für die Postbank wird ein Käufer gesucht, denn der Logistikkonzern will aus dem risikoreichen Finanzgeschäft heraus. Das könnte unter "Kronprinz" Frank Appel (46) jetzt schneller gehen. Es sollte aber mit Augenmaß vonstatten gehen. Wer Zumwinkel persönlich kennen gelernt hat, fragt sich, was den Multimillionär zu seinem Handeln getrieben haben mag. Mangelndes Wissen wohl kaum. Eher die trügerische Selbstsicherheit, dabei schon nicht erwischt zu werden. Schließlich ist man ja der Post-Chef. Ein übersteigertes Selbstbewusstsein, das bei Zumwinkel allerdings für Dritte nie so sichtbar wurde. Der "Häuptling" hat sich jedenfalls um seinen Erfolg, für den er 18 Jahre lang gearbeitet hat, gebracht. Er wird in den Annalen seines Stammes gestrichen. Als Trost bleibt ihm wenigstens eine gute Pension von angeblich 90 000 Euro monatlich.
Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Ingo Faust)