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WAZ: Vorwahlen in den USA: Clinton mit dem Kopf, Obama mit dem Herzen

Archivmeldung vom 06.03.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Dass Totgesagte länger leben, gilt auch in der Politik. Wie schon in New Hampshire im Januar ist Hillary Clinton auch jetzt genau in dem Moment gegen Barack Obama erfolgreich, in dem ihr Ende herbeigeredet wurde.

Man kann es aber auch so sehen: Genau in dem Augenblick, in dem Medien und Meinungsforscher Obama den entscheidenden Durchbruch voraussagten, haben die Wähler ihn im Stich gelassen.

Wie passt das alles zusammen? Warum hat Barack Obama zwölf Vorwahlen hintereinander gewonnen und jetzt plötzlich doch wieder drei Vorwahlen verloren? Wieso ist Hillary Clinton wieder da, nachdem die Neunmalklugen doch schon ausführlich erklärt haben, warum sie gegen den charismatischen Schwarzen völlig chancenlos ist? Eine Teilantwort auf diese Fragen lautet: Die Amerikaner lieben diesen Zweikampf, und niemand wollte, dass er vorzeitig zu Ende geht. Jeder von beiden, Clinton oder Obama, wäre ein sensationeller Kandidat. Die Demokraten werden erstmals mit einer Frau oder erstmals mit einem Schwarzen in den Wahlkampf ziehen. Beides ist historisch überfällig und setzt große Emotionen und Leidenschaften frei.

Doch trotz aller Leidenschaften fällt den Demokraten die Entscheidung zwischen beiden ungemein schwer. Der Kopf sagt: Hillary Clinton. Das Herz sagt: Barack Obama. Vor allem aber: Man will eigentlich keinen von beiden verlieren sehen. Das klingt liebenswert, ist aber problematisch, denn da es nach all den Vorwahlen nun wieder in etwa Unentschieden steht, wird sich die Auseinandersetzung hinziehen. Vielleicht könnte auf dem Nominierungsparteitag im Sommer erstmals seit Jahrzehnten eine Kampfabstimmung anstehen. Darin liegt sicher eine Gefahr, denn die beiden Kandidaten könnten in der langen, harten Auseinandersetzung auch zerrieben werden, bevor der eigentliche Wahlkampf gegen die Republikaner beginnt.

Dennoch sind die Sorgen, dass die Demo-kraten mit diesem beispiellosen Zweikampf ihre Chancen aufs Weiße Haus verspielen, unbegründet. Denn der Nutzen des langen Vorwahlkampfes ist in diesem Fall wahrscheinlich größer als der Schaden: Hillary Clinton und Barack Obama beherrschen die Schlagzeilen, während sich kaum jemand für die Republikaner interessiert. John McCain wird sich am Ende schwer tun, gegen Barack Obama oder Hillary Clin-ton Wahlkampf zu machen. Denn wer immer aus dieser "Primary Season" als demokratischer Kandidat - oder Kandidatin - her-vorgehen wird, kommt als Politstar mit der Aura von Ruhm und historischer Größe.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Markus Günther)

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