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Börsen-Zeitung: Hört die Signale!

Archivmeldung vom 01.07.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.07.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Zugegeben: Die Internationale gehört nicht unbedingt zum Sangesgut von Investmentbankern und Börsenmanagern. Und auch viele Politiker haben in den Wochen vor dem britischen EU-Referendum die Signale aus dem Volk nicht gehört oder hören wollen und sind vom Ergebnis der Abstimmung auf dem falschen Fuß erwischt worden. Aber den Knall des Brexit-Votums, die damit für den Finanzplatz London schlagartig veränderten und sich noch verändernden Rahmenbedingungen und ihre Implikationen für das Fusionsvorhaben der Börsen in London und Frankfurt nur mit einem trotzigen "Weiter so" und "Jetzt erst recht" zu beantworten, signalisiert Realitätsverlust.

Jetzt zeigt sich, dass die Kritik am Timing des Fusionsvorhabens mehr als berechtigt war. Gleiches gilt für Vorbereitung und Konditionen der Fusion. Denn der Fusionsvorschlag kennt keinen Plan B für den Fall eines positiven Brexit-Votums. Folglich sollen nun die Aktionäre der London Stock Exchange einem Zusammenschluss zustimmen und die Anteilseigner der Deutschen Börse einem Aktientausch, dessen strategische, betriebswirtschaftliche und rechtliche Grundlagen und Perspektiven sich mit dem Brexit-Votum erheblich verändert haben. Der von den Fusionspartnern eingesetzte Referendumsausschuss ist ein Placebo und kann nur im Nachhinein kosmetische Korrekturen des Mergers erreichen. Nötig wären aber von Grund auf überarbeitete Fusionsbedingungen einschließlich der Governance und der Sitzfrage der fusionierten Börse. Aufgrund der aktuellen und der im Brexit-Fall noch absehbaren Kräfteverschiebungen kann der Sitz bei einem Zusammengehen mit London nur in Frankfurt sein.

Wem es bei der Börsenfusion um die Sache geht - nämlich einen wettbewerbsfähigen Börsenbetreiber für den europäischen Kapitalmarkt zu schaffen, der auch international ganz vorne mitspielt - und nicht nur um die persönliche Karriere oder dicke Beraterprovisionen, muss das Vorhaben jetzt stoppen. Wenn Vorstand und Aufsichtsrat dazu nicht in der Lage oder willens sind, werden im Herbst Politik und Aufsicht dafür sorgen. Das muss auch den Schwerhörigen unter den Börsen-Verantwortlichen in den vergangenen Tagen deutlich geworden sein. Eine Genehmigung mit Auflagen, wie mitunter spekuliert, wird es nicht geben. Das ist schon börsenrechtlich nicht möglich.

Wer die Signale bisher überhört hat, sollte sich einer alten Indianer-Weisheit erinnern: Wenn Du entdeckst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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