Lausitzer Rundschau: SPD nominiert Gesine Schwan als Präsidentschaftskandidatin
Archivmeldung vom 27.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBis vor Kurzem hätten nicht wenige in CDU und CSU es gar nicht so schlecht gefunden, wenn Horst Köhler nicht wieder angetreten wäre. Nun, da er seine Wiederwahl anstrebt und die SPD nicht mitmacht, wird Zeter, Mordio und Koalitionsbruch geschrien. Das ist pure Heuchelei.
Im Koalitionsvertrag steht kein Wort über einen gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten - aus gutem Grund. Die Präsidentenwahl im nächsten Mai fällt in eine Zeit, in der die Große Koalition ohnehin planmäßig wieder auseinanderdriften sollte. Dass sie schon ein Jahr vorher unter so großer Spannung steht, ist eher Angela Merkel (CDU) geschuldet. Denn die Kanzlerin hat die Regierung seit Ende vergangenen Jahres den Interessen der wahlkämpfenden Unionslandesverbände in Hessen, Niedersachsen, Hamburg und ganz besonders Bayern unterworfen. Merkel hat deren Blockadehaltung aktiv unterstützt. Von Mindestlohn über Kfz-Steuer bis Föderalismusreform. Jetzt beklagt ausgerechnet Bayern, Deutschland stünden 16 Monate Regierungsstillstand bevor. Das klingt nach: "Haltet den Dieb." Dumm gelaufen für Kurt Beck, dass man ihn für den Täter hält. Es ist das gute Recht der Sozialdemokraten, eine eigene Bewerberin aufzustellen. Trotzdem ist das einstimmige Votum für Schwan im SPD-Vorstand ebenfalls pure Heuchelei. Auch wenn die Hochschulpräsidentin eine sehr gute Kandidatin ist. In Wahrheit ist ihre Nominierung die Folge eines wieder einmal grandios die Dinge treiben lassenden und dann von den Ereignissen getriebenen Parteivorsitzenden Kurt Beck. Ein Führungsversagen, das die Besonnenen überrollt hat. Die Linken in der SPD haben die Stimmungsmacht übernommen, und sie jagen Beck und mit ihm die ganze SPD nun in das nächste rot-rote Abenteuer. Aussichtsreicher als die im April schon im Ansatz gescheiterte Links-Grün-Links-Duldungskoalition in Wiesbaden ist die Kandidatur Schwans in der Bundesversammlung nicht. Nur noch riskanter. Wenn sie Köhler unterliegt, geht die SPD als Verliererin in den Bundestagswahlkampf, allerdings mit dem Makel, es mit den Roten zusammen versucht zu haben. Wenn etliche SPD-Abgeordnete dabei zu Köhler überlaufen sollten, kann die Partei sich in dieser sensiblen Phase gleich noch einen neuen Vorsitzenden suchen. Oder Schwan gewinnt. Dann wird Beck niemandem mehr erzählen können, er werde nach einem versuchten und einem gelungenen Wortbruch bezüglich der Linkspartei die Zusammenarbeit mit ihr im Zweifelsfalle nicht auch im Bund anstreben. Dann hat die Union den Lagerwahlkampf, den sie immer wollte.
Quelle: Lausitzer Rundschau