Lausitzer Rundschau: Bundestag debattiert deutsche Einheit: Nüchterne Bestandsaufnahme
Archivmeldung vom 10.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHätte jemand 1989 in der DDR behauptet, zu Beginn des nächsten Jahrhunderts werde eine Ostdeutsche Bundeskanzlerin sein, die dann sogar der Europäischen Union als Ratspräsidentin vorsteht - man hätte ihn für verrückt erklärt. Dass Unglaubliches wahr wurde, gehört zweifellos mit zur Bilanz nach 17 Jahren Mauerfall, über die der Bundestag gestern debattierte.
Historische
Glücksmomente sind allerdings nur ein Teil der deutsch-deutschen
Realität. Noch immer ist der Arbeitsmarkt tief gespalten. Die
Erwerbslosenquote im Osten ist doppelt so hoch wie im Westen. Auch
das Wirtschaftswachstum zwischen Rügen und Thüringen lag in den
letzten fünf Jahren im Schnitt bei nur einem Prozent. Von der einst
viel beschworenen Angleichung der Lebensverhältnisse kann keine Rede
sein. Das hat auch die Bundesregierung erkannt. Der politischen
Gesundbeterei vergangener Jahre ist die nüchterne Bestandsaufnahme
gewichen. Sie führt auch zu der Erkenntnis, dass der Osten kein
kollektives Jammertal ist. Wo es zukunftsfähige Ansiedlungen gibt,
wie etwa in Frankfurt (Oder) die Solar-Technik oder in Dresden die
Chip-Industrie, entwickelt sich auch eine breit gefächerte
Zuliefererbranche. So entstehen wirtschaftliche Einheiten, die sich
im Ost-West-Vergleich nicht zu verstecken brauchen. Eine gezielte
Förderung von Wachstumskernen, auf die man sich nach vielen Irrungen
und Wirrungen sinnvoller Weise verständigt hat, bedeutet freilich
eine Abschreibung von Gebieten ohne größeres Entwicklungspotenzial.
Schließlich kann das Geld nicht zwei Mal ausgegeben werden. Dieser
unbequemen Wahrheit werden sich nicht nur die betroffenen Menschen
stellen müssen, sondern auch die Bundesregierung.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau