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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zur SPD und ihrem Vorsitzenden Kurt Beck

Archivmeldung vom 08.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Handwerkliches Geschick besitzt SPD-Chef Kurt Beck ohne Zweifel. Das hat er gestern in Bielefeld beim Besuch der Stadtwerke unter Beweis gestellt. Keine Probleme hatte er in der Lehrlingswerkstatt, einzelne Metallteile zu einem Auto zusammen zu stecken. Als ihm das Biegen eines Bügels im ersten Anlauf nicht gefiel, nahm er einen zweiten Anlauf.

»Murks machen wir nicht.« Wenn der rheinland-pfälzische Ministerpräsident diese Maxime doch auch in der Politik immer beherzigen würde, dann würden den Sozialdemokraten nicht die Mitglieder in Scharen weglaufen, würde die Partei nicht Woche für Woche in der Wählergunst an Boden verlieren, hätte Beck nicht diese katastrophalen Umfragewerte. Doch anstatt die Ursachen für diese Misere einmal bei sich selbst zu suchen, lenkt er wieder einmal mit seinen Seitenhieben in Richtung des Koalitionspartners von den eigenen Fehlern ab. Der Vorwurf, Bundeskanzlerin Angela Merkel sei für die schlechte Stimmung in der Koalition verantwortlich, wird auch dadurch nicht wahrer, dass er ihn gestern in Bielefeld wiederholt. Es entspricht doch nicht der Realität, dass die Kanzlerin »dem Partner die letzte Butter vom Brot kratzt«. Wenn er der Union schon vorwirft, sie würde einmal Beschlossenes anschließend wieder demontieren, so sei nur an die Rente mit 67 erinnert. Sie war seinerzeit von seinem Vorgänger Franz Müntefering initiiert worden und wird jetzt von ihm und den SPD-Ministern derartig aufgeweicht, dass am Ende nichts mehr übrigbleibt. So etwas nennt man in der Tat Demontage. Beck ist sicherlich nicht die Ursache für die gegenwärtige Krise der SPD, die liegt länger zurück und hat auch schon vor der Zeit des früheren Kanzlers Gerhard Schröder angefangen. Doch unter Beck sind die Sozialdemokraten immer tiefer in diese Krise hineingeschlittert. Beck ist verantwortlich für den Schlingerkurs der Partei hinsichtlich der Linken und den damit verbundenen Glaubwürdigkeitsverlust. Es zeugt schon von einer ganzen Menge Hilflosigkeit, wenn jetzt Beck die Schuld für die Misere seiner Partei bei der Kanzlerin sucht. Der SPD-Parteichef liefert damit nur einen Beweis mehr, dass ihm die Ideen fehlen, um die Sozialdemokraten wieder in bessere Zeiten zu führen. Nicht wenige in der Partei trauen ihm nicht mehr zu, dass er die Probleme lösen kann. »Beck ist dabei, die SPD zu ruinieren«, glaubt der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner. Und er wird Recht behalten, wenn sich Beck und die Partei nicht zu einem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier durchringen sollten. Beck will in seinem bevorstehenden Urlaub an der Mosel keine Umfragen lesen. Kann man verstehen. Denn in der neuesten Umfrage wünschen sich nur noch zehn Prozent der Deutschen den SPD-Chef als Kanzler. »Erst grübeln, dann dübeln«, zitierte Beck gestern in Bielefeld einen alten Handwerkerspruch. Gegrübelt hat er nun genug.

Quelle: Westfalen-Blatt

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