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Berliner Morgenpost: Sicherheit ist wichtiger als politische Gesten

Archivmeldung vom 27.01.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Will der Westen sich selbst treu und nach außen glaubwürdig bleiben, muss er sich auch im Kampf gegen den Terrorismus an die Prinzipien des von ihm propagierten Rechtsstaats halten.

Die zeigen den Sicherheitsbehörden Grenzen auf - auch gegen Feinde wie die islamistischen Fundamentalisten, die außer einer verquasten Koran-Interpretation für sich selbst keine Gesetze gelten lassen. Gegen rechtsstaatliche Grundprinzipien hat die gerade abgelöste Bush-Administration mit dem Gefangenenlager Guantánamo auf das Übelste verstoßen. Zugleich hat Amerika mit diesem vom Vorwurf schwerster Menschenrechtsverletzungen belasteten Lager den gesamten Westen dem Vorwurf der Verlogenheit ausgesetzt. Wenn Barack Obama diesen Makel endlich beenden will, folgt er Forderungen auch der Verbündeten. Dennoch bleibt es vorrangig Aufgabe und Pflicht Amerikas, mit der Schließung verbundene Probleme selbst zu lösen. Auch im Fall Guantánamo hat das Verursacherprinzip zu gelten. Dass ohne offizielles Hilfsgesuch aus Washington Außenminister Frank-Walter Steinmeier öffentlich vorpreschte und die Bereitschaft Deutschlands signalisierte, Häftlinge aus Guantánamo aufzunehmen, war ziemlich vorlaut - und vor allem voreilig. Er brach damit prompt den wohl kalkulierten Streit innerhalb der großen Koalition vom Zaun: hier der Obama-Freund und Gutmensch Steinmeier, dort der hartherzige Innenminister Wolfgang Schäuble, der dem US-Präsidenten gleich zu Beginn das Leben schwer macht. Ein Kalkül, das vielleicht im Zeichen des nahenden Wahlkampfs angestellt wurde, aber nicht taugt, wenn es um zentrale Fragen der inneren Sicherheit auch hierzulande geht. Niemand weiß bislang, wie gefährlich die 250 Insassen, von denen 60 als weitgehend unschuldig gelten, wirklich noch sind. In den Dokumenten über sie, so Informationen aus der Obama-Administration, soll erhebliche Unordnung herrschen. Schwer ist außerdem zu prognostizieren, wie sich die meist jahrelange Haftzeit auf Hinwendung zum oder Abkehr vom Terrorismus ausgewirkt hat. Zu neuer Nachdenklichkeit zwingt die Bestätigung, dass es sich bei zwei Männern in einem aktuellen al-Qaida-Video um ehemalige Guantánamo-Häftlinge handelt. Gestritten wird in Deutschland und mittlerweile auch innerhalb der EU um die etwa 60 unschuldigen Gefangenen, die wegen drohender Folter wohl nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Sind diese Häftlinge wirklich ungefährlich, dann spricht nichts dagegen, dass Amerika sie aufnimmt. Bleiben ob der Friedfertigkeit dagegen Zweifel, spricht noch weniger dafür, dass sich Deutschland weitere potenzielle Terroristen ins Land holt. Eine Sorge übrigens, die nicht allein den Bundesinnenminister von der CDU plagt. Auch Berlins Innensenator Ehrhart Körting von der SPD hat größte Bedenken. Die äußert er aber nicht mehr laut. Aus Solidarität mit seinem Kanzlerkandidaten. Humanes Engagement in allen Ehren - aber im Zweifel müssen die Sicherheitsinteressen des Landes Vorrang haben vor wahltaktischen Überlegungen.

Quelle: Berliner Morgenpost

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