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WAZ: Die CSU in der Krise

Archivmeldung vom 04.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Fans der Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund und Schalke 04 gelten als besonders treu. Was zu der eingängigen Formel führte: Sobald im Signal Iduna Park oder in der Veltins Arena das Flutlicht angeht, ist die Hütte voll. Eine ähnliche Begebenheit kennt man aus dem Süden Deutschlands, aus dem politischen Bayern. Dort gilt seit Jahrzehnten: Die CSU könnte einen Besen zur Wahl aufstellen - und würde trotzdem gewinnen.

Die Erfahrung zeigt auch, dass Fußballfans so leicht nicht zu erschüttern sind. Sie sind immer wieder bereit, ihren Kickern zu vergeben. Sie nehmen Niederlagen mitunter stoisch hin, sie sind leidensfähig, sie kommen wieder. So wie die Bayern, die ihrer CSU in der Vergangenheit reichlich Rückschläge und Affären verziehen haben - weil ihr Land trotz alledem immer blendend dastand. Daran hat sich in den vergangenen Monaten, seit dem Rückzug von Ministerpräsident Edmund Stoiber, zwar wenig geändert. Wohl aber an der Taktung der Krisen, Rückschläge und Affären. Und so ereignen sich geradezu sensationelle Dinge in Bayern: Die Menschen wenden sich ab von ihrer CSU - und das in Scharen. Bei der Landtagswahl 2003 kamen die Christsozialen noch auf gut 60 Prozent der Stimmen. Seitdem ging es fast zehn Prozent abwärts.

Es soll CSU-Funktionäre geben, die diesen Absturz mit der Bemerkung beiseite wischen, dass 51 Prozent noch immer die absolute Mehrheit bedeuten. Das ist zwar richtig, aber dieses Selbstvertrauen liegt dicht an der Selbstüberschätzung. Das Aus für den Transrapid, die teilweise schlechten Ergebnisse bei der jüngsten Kommunalwahl, das Gehampel beim Rauchverbot, das Führungschaos unter Parteichef Huber und Ministerpräsident Beckstein, und jetzt die Milliardenverluste der bayerischen Landesbank, die Gegenstand eines Untersuchungsausschusses sein werden: Die CSU hat sich in eine Krise hineinlaviert, die mit dem aktuellen Zuneigungsverlust von zehn Prozent längst nicht ausgestanden ist. Abgerechnet wird bei der Landtagswahl im September. Zocker sollten ernsthaft in Erwägung ziehen, auf den Verlust der absoluten Mehrheit für die CSU zu setzen. Es wird nicht reichen, dass sich der Huber Erwin und der Beckstein Günther zusammenraufen und den U-Ausschuss irgendwie überstehen. Das Unheil nahm schon unter Stoiber seinen Lauf: Nicht die Stamm-, wohl aber reichlich CSU-Spontanwähler wagen eine Neuorientierung, etwa zu Gunsten der FDP. Es wird der CSU schwer fallen, diesen Trend bis zum September zu stoppen.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Norbert Robers)

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