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Westdeutsche Zeitung: Rüttgers will so sein wie der ehemalige SPD-Landesvater

Archivmeldung vom 12.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jürgen Rüttgers ist ein schlauer und gewiefter Politiker. Mit dem in den Jahrzehnten unter seinem Meister Helmut Kohl geschärften Instinkt hat er schon vor Jahren erkannt, dass es für ihn einen ganz einfachen Weg zum Machterhalt gibt - er muss einfach in den Spuren von Johannes Rau vorangehen.

Der ist auch noch nach seinem Tod für viele Wähler Mister NRW, der Landesvater schlechthin. "Wir in NRW" - dieser Wahlkampfslogan bescherte Rau und seiner Partei traumhafte Ergebnisse. Erfunden hat ihn dereinst der junge Bodo Hombach. Dieser SPD-Mann zählt nun zum Beraterkreis des CDU-Politiker Rüttgers und kümmert sich mit ihm um das Erbe von Rau.

Das alles konnte nur passieren, weil die nordrhein-westfälische SPD ein gebrochenes Verhältnis zu ihrem ehemaligen Ministerpräsidenten und Landesparteichef hat. Die Umstände seiner Ablösung, oder besser die letzten Jahre seiner Amtszeit in Düsseldorf sind dafür die Ursache. Sein Nachfolger Wolfgang Clement und diverse Büchsenspanner im Umfeld ("Der Kerl muss weg") konnten den "Alten" damals nicht schnell genug loswerden. Clements erste Amtshandlung bestand in dem Auszug aus der alten Staatskanzlei, er sprach von Mehltau, der das Land lähme. Auch sein Nachfolger Peer Steinbrück traf sich lieber von Hanseat zu Hanseat mit Helmut Schmidt statt mit dem großen Mann aus Wuppertal. Nun ist mit Hannelore Kraft eine Frau SPD-Hoffnungsträgerin, die Rau nie persönlich kennengelernt hat. Und irgendwo auf diesem verschlungenen Weg in die Opposition ist das Bewusstsein für das Erbe und die Wirkungsmächtigkeit von Rau verloren gegangen.

Rüttgers hat nun als Ministerpräsident die Legitimation, Gedenktage zu organisieren und Denkmäler zu enthüllen. Dazu nutzt er die großen Ressourcen der Landesregierung und kann auf die Hilfe verprellter SPD-Größen setzen. Doch das Spiel ist nicht ohne Risiko. In der CDU verstehen viele die plötzliche Ehrerbietung vor dem Mann nicht, den auch Rüttgers einst in der Flugaffäre hart attackierte. Und vor allem: Rau war Menschenfischer, Rüttgers ist das nicht. Die Leute lieben das Original, beim Plagiat sind sie oft skeptisch. Aus seiner Verehrung für Rau sollte Rüttgers kein Programm machen - aus eigenem Interesse.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Frank Uferkamp)

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