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Nur eine Rally-Pause

Archivmeldung vom 11.12.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.12.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Für den Dax schien ein schönes Jahresfinale vorgezeichnet. Ein starkes Wachstum der Unternehmensgewinne, die Aussicht auf eine Überwindung der Pandemie im kommenden Jahr und die niedrigen Zinsen beziehungsweise die Alternativlosigkeit zu Dividendentiteln deuteten auf eine Fortsetzung des im Oktober begonnenen Höhenflugs hin. Nicht zu vergessen die Saisonalität, also die statistisch betrachtet überdurchschnittlich gute Entwicklung des Aktienmarktes zum Jahresende.

Doch das Auftauchen der Omikron-Variante des Coronavirus hat dem Markt einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Sorge, dass die hochansteckende Mutation, gegen die die Impfstoffe weniger wirksam sind, zu umfassenden Lockdowns und damit einem schweren ökonomischen Rückschlag führen könnte, ließ den Dax, der Mitte November noch ein Rekordhoch von 16.290 Zählern erreicht hatte, um mehr als 1000 Punkte absacken.

Auch wenn sich der Markt zuletzt deutlich erholt hat und es Anzeichen dafür gibt, dass Omikron möglicherweise kaum schwere Krankheitsverläufe auslöst, ist derzeit noch unklar, ob die vielzitierte Jahresendrally noch stattfinden wird oder abgehakt werden muss. Noch liegen nicht genug Daten vor, um einigermaßen fundierte Aussagen darüber machen zu können, wie schlimm Omikron ist. Es wird dem Dax wahrscheinlich schwerfallen, noch in diesem Jahr einen weiteren Höchststand zu erreichen, auch wenn dies trotz eines Abstands von rund 670 Punkten nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Kein schwarzer Schwan

Das ist letztlich aber auch nicht relevant. Entscheidend ist, dass das Umfeld derzeit nach wie vor für Aktien spricht. Omikron ist - anders als der schockierende Corona-Ausbruch im zurückliegenden Jahr - nicht der schwarze Schwan, der den Aktienmarkt in die Baisse treiben kann. Omikron und die vierte, von Delta getriebene Welle haben zwar zur Folge, dass sich die Überwindung der Pandemie hinzieht. Sie ist aber nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Auf angepasste Impfstoffe muss voraussichtlich nur vier bis fünf Monate gewartet werden, während zwischen dem Corona-Crash vom März 2020 und den Impfstofferfolgen von Biontech, Moderna & Co. rund acht Monate verstrichen. Zudem schützen auch die bestehenden Impfstoffe bis zu einem gewissen Grad vor schweren Krankheitsverläufen.

Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben gilt auch für andere Belastungsfaktoren. Die Verwerfungen in den weltweiten Lieferketten und Knappheiten wichtiger Güter wie Halbleiter, Chemikalien und dergleichen werden sich auf Sicht ebenfalls legen. Ein großer Teil der wirtschaftlichen Aktivität, die jetzt durch sie verlorengeht, wird nachgeholt werden. Zwar ist auch die erhöhte Inflation hartnäckiger als ursprünglich gedacht. Aber auch sie wird sich wieder abschwächen, allein schon aufgrund von Basiseffekten, wie sie etwa in Deutschland von der Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer ausgehen, wahrscheinlich aber auch nicht wieder auf das sehr niedrige Niveau der zurückliegenden Jahre zurückfinden.

Wichtige Treiber intakt

Gleichzeitig sind wichtige Treiber des Aktienmarktes intakt. Zwar haben die Zentralbanken die geldpolitische Wende eingeleitet, vor allem die Fed, die bereits ihre Wertpapierkäufe zurückfährt. Aber sie werden dabei sehr behutsam vorgehen. Eine erste Leitzinsanhebung der amerikanischen Notenbank wird es voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres geben, mit der Möglichkeit, den ersten Zinsschritt hinauszuschieben; die Europäische Zentralbank wird nicht vor 2023 an der Zinsschraube drehen. Somit bleibt die Geldpolitik bis auf weiteres akkommodierend. Die Anleihezinsen werden unter diesen Voraussetzungen allenfalls nur moderat anziehen und sich damit auch Ende 2022 noch auf einem im historischen Vergleich niedrigen Niveau befinden. Aktien bleiben damit relativ attraktiv, zumal das anhaltende Wachstum der Unternehmensgewinne Spielräume für Dividendenanhebungen schafft. Die Deka prognostiziert, dass die Dividendenausschüttungen der Dax-Unternehmen von 2021 auf 2022 von 36,3 Mrd. Euro auf rekordhohe 46,5 Mrd. Euro steigen und damit sogar ihren bisherigen Höchststand des Jahres 2019 um 7,1 Mrd. Euro übertreffen werden.

Die Rally des Aktienmarktes ist nur unterbrochen, nicht beendet und der nächste Rekord des Dax wahrscheinlich nur auf das nächste Jahr verschoben. Damit können die Marktteilnehmer gut leben.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Christopher Kalbhenn

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