Neues Deutschland: zum Rückzug von SPD-Chef Müntefering
Archivmeldung vom 31.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Posten, 1999 eigens für ihn geschaffen, wird Franz Müntefering nun zum Verhängnis. »Unter diesen Bedingungen kann ich nicht mehr Parteivorsitzender sein.« Unter diesen Bedingungen? Dass Andrea Nahles, nicht Kajo Wasserhövel Generalsekretär wird? Ludwig Stiegler spricht von einem Unfall. Joachim Poß nennt die Nahles-Unterstützer naiv. Die hatten argumentiert, mit Nahles eine Garantin für inhaltliche Profilierung der SPD auch über die große Koalition hinaus installieren zu wollen. Das schade Müntefering nicht, im Gegenteil.
Der sieht es anders. Er kann nicht Parteivorsitzender sein,
wenn die Partei ihm auf der Nase herumtanzt, eigene Vorschläge macht.
Der Münte-Effekt hieß, dass Müntefering für die Strategie der Partei
zuständig ist, keiner sonst. Man hat ihm diese Rolle streitig
gemacht. Er brauchte einen Vollstreckungsbeamten wie Benneter und hat
ihn nicht gekriegt. Der Münte-Effekt ist defekt.
 Unter diesen Bedingungen kann Münte nicht. Er kann unter den
Bedingungen Schröder oder einer großen Koalition. Unter diesen nicht!
Der »normale demokratische Vorgang« einer Wahl unter mehreren
Kandidaten ist auch in der SPD seiner Illusion entkleidet. Normal ist
das, was auch in Diktaturen als richtig gilt: Der Chef entscheidet.
Alles andere kommt einer Beschädigung seiner Person gleich. Der ganze
Unterschied besteht darin, dass in Diktaturen andere den Hut nehmen.
Nicht der Chef. Das ist ein Müntedefekt.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland