Mittelbayerische Zeitung: Eiertanz
Archivmeldung vom 22.09.2016
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Freigeschaltet durch André OttDie USA stehen in Syrien dauerhaft vor der Quadratur des Kreises. Wenn sie die Kurden künftig direkt mit Waffen beliefern, stoßen sie damit die Türken vor den Kopf. Geben sie Ankaras Empfindlichkeiten nach, fühlen sich ihre effektivsten Verbündeten in Syrien im Stich gelassen. Nicht viel anders gestaltet sich das Verhältnis zu Russland. So wünschenswert ein gemeinsames Vorgehen gegen den Islamischen Staat auch wäre, so wenig hat Washington ein Interesse daran, die Macht des Kriegsverbrechers in Damaskus zu stabilisieren.
Der hilflose Eiertanz John Kerrys nach dem Beschuss eines UN-Hilfekonvois für Aleppo durch russische Kampfflugzeuge illustriert das ganze Dilemma der Syrien-Politik des Realpolitikers Obamas. Der Friedensnobelpreisträger möchte dem Schlachten nicht tatenlos zusehen, will aber auch nicht mit der ganzen Militärmacht der USA eingreifen.
Dadurch reduzieren sich die Handlungsoptionen auf die Wahl der Verbündeten. Sich darüber moralisch zu empören, ist ein natürlicher Impuls. In der Praxis verhalten sich die Dinge leider sehr viel komplizierter. Es gibt keinen vernünftigen Grund, davon auszugehen, dass eine "Pax Americana" in Syrien erfolgreicher sein wird, als der vergebliche Versuch eine solche im Irak zu errichten.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung - von Thomas Spang (ots)