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Allg. Zeitung Mainz: Gegen den Jugendwahn

Archivmeldung vom 27.12.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.12.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Theo Waigel war viele Jahre lang einer der mächtigsten und klügsten Politiker und zugleich einer der eher Stillen im Land. Umso eindringlicher, dass und wie er nun seine Stimme erhebt.

Da spricht keiner von der Sorte "Profilierungssüchtiger, der es nicht lassen kann"; das gilt auch für die Reihe derer, die er für einen "Rat der Alten" vorschlägt. Die Namen sind vom Feinsten; doch zeigt sich an ihnen zugleich das - noch - allzu Theoretische an Waigels Gedanken. Ob Helmut Kohl physisch noch in der Lage wäre, sich zu beteiligen? Ob Helmut Schmidt, der soeben - zu Recht - frenetisch Gefeierte, große Lust verspürt, Schulter an Schulter ausgerechnet mit Genscher und Lambsdorff zu agieren, den beiden, die ihn 1982 faktisch aus dem Amt katapultierten? Über Namen ließe sich diskutieren, die Idee jedenfalls ist gut und richtig. Sie ist vor allem ein Zeichen in Zeiten eines offenbar eskalierenden, ärgerlichen und nicht zuletzt schädlichen Jugendwahns; Zeiten, in denen annähernd die Hälfte aller Unternehmen keinen über 50-Jährigen mehr beschäftigt, in denen der Begriff "Ü 50" sowohl verbal als auch mental fast fließend überzugehen scheint in "Uhu" (unter hundert), in denen ein Begriff wie "Gammelfleisch" nicht mehr tabu ist, wenn von älteren Menschen die Rede ist, wobei zu befürchten steht, dass ein scherzhafter Unterton nur vordergründig ist. Festzuhalten ist: Die Generation der heute 80-Jährigen hat dieses Land aufgebaut, oft unter Bedingungen, die sich die heute 30- bis 40-Jährigen nicht einmal in schlimmsten Albträumen vorstellen können. Dass die Geburtsjahrgänge um 1925 in Würde und materiell ordentlich versorgt ihren Lebensabend verbringen können -  dies zu garantieren, ist ein Gebot des menschlichen Anstands. Und dass es dümmlich ist, im Arbeitsprozess auf die Leistungsfähigkeit von heute 50- bis 60-Jahrigen zu verzichten, wird sich im Zuge der demografischen Entwicklung womöglich drastischer zeigen als heute absehbar.

Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz

 

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