Neues Deutschland: Heimerziehung in der DDR: Denkhilfe
Archivmeldung vom 27.03.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSchläge sind nicht gleich Schläge. Da gibt es Unterschiede. Bis in die siebziger Jahre hinein dürfte es in Westdeutschland in Heimen, Kindergärten und Schulen gang und gäbe gewesen sein, unbotmäßige Kinder mit Kopfnüssen zu traktieren, als großzügig verabreichte »Denkhilfe« gewissermaßen. 80 Prozent der Einrichtungen waren christlich, die meisten katholisch. Sprüche wie »Eine Ohrfeige hat noch keinem geschadet« oder »Ein Schlag auf den Hinterkopf erhöht das Denkvermögen« gehörten zum offiziellen deutschen Erziehungssystem.
Eltern, Lehrer, Pfarrer und Ordensschwestern prügelten über Jahrzehnte hinweg im Auftrag des Herrn auf Kinder und Jugendliche ein, zu deren Wohl, versteht sich. Damit aus ihnen keine Gammler werden. Das wurde in Deutschen Reichen immer so gehandhabt. Doch im vom Familienministerium vorgestellten Bericht »Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR« kommt man zu einem anderen Schluss, was die Herkunft dieser Gewalt angeht: Schuld sei die »für die DDR bestimmende marxistisch-leninistische Ideologie, die zum Ziel hatte, wenn nötig mit allen Mitteln, Kinder und Jugendliche zu sozialistischen Persönlichkeiten zu erziehen«. Nicht also die in Deutschland seit über 150 Jahren von Generation zu Generation weitergetragene Schwarze Pädagogik spielt hier eine Rolle, der alte deutsche Wunsch, Menschen schon im Kindesalter zu dressieren und abzurichten, oder der katholische Fundamentalismus, sondern der Marxismus. Man darf gespannt sein, wann man dem Philosophen auch die spanische Inquisition in die Schuhe schiebt.
Quelle: Neues Deutschland (ots)