Lausitzer Rundschau: Berlin scheitert mit Klage nach Bundesgeld Jeder stirbt für sich
Archivmeldung vom 20.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Urteil gegen die Begehrlichkeiten Berlins sendet jenseits der Häme und Schadenfreude über die Blamage für die Partykönige eine erschreckende Botschaft in den Osten Deutschlands. Gezahlt hätte die Sanierung des Hauptstadtetats im Wesentlichen die reiche Bande im Süden der Republik - also jener Gegend, in der auch Karlsruhe liegt.
Jetzt wird erstmal abgewartet, wie der Test auf die
Schmerzschwellen in Neukölln, Kreuzberg, Marzahn und Friedrichshain
ausfällt. Das ist ja auch weit genug weg von Isar, Donau, Rhein und
Neckar.
Cottbus liegt auch an der Spree und von hier aus gesehen liegt auch
die Berliner Misere schon wesentlich näher. Und für Brandenburg vor
allem, für die neuen Bundesländer insgesamt aber auch, ist das Urteil
ein mittleres Desaster. Die große Stadt mittendrin fällt als
Wachstumsmotor dauerhafter aus und könnte gar zur Belastung werden.
Ganz konkret wird es auch den einen oder anderen Lausitzer treffen,
der heute noch sein Brot als Pendler verdient. Sicher tragen mehr als
jeder andere die Berliner selbst die Verantwortung dafür. Was sich
die Stadtregierung unter Führung der CDU in den Jahren nach 1990
leistete, war ein Amoklauf in Sachen Wirklichkeitsverweigerung. Und
verabschiedet hat sich der Senat bis heute nicht vollständig davon.
Dass Klaus Wowereit mit knappster Mehrheit rot-rot weiter regieren
will, spricht Bände. Aber Berlin hat sich weder selbst zur Frontstadt
des Westens noch zur Hauptstadt jener Republik bestimmt, die dann
abwicklungsreif wurde. Ausgehalten und angekettet zugleich wurde es
von Pfälzern, Hamburgern und nicht zuletzt Saarländern.
Das Urteil wird nicht allzu lange halten. Die Berliner Pleite kommt
mit einiger Sicherheit und die nächste eines anderen Bundeslandes ist
absehbar. Die Verfassungsrichter wissen dies und haben noch einmal
den Mut eingefordert, grundsätzliche Regelungen zu finden. Sie haben
dabei auch ausdrücklich die Neugliederung der Länder angeführt. Die
wird irgendwann genauso kommen wie die Milliarden zur Tilgung der
Berliner Schulden. Das Urteil zementiert allerdings das
Nordost-Südwest-Gefälle der Republik. Selbst als Hauptstadt der
Bayern und Schwaben ist die Metropole an der Spree keine zusätzliche
Anstrengung wert. Der Rest im Osten kann sich da gleich warm
anziehen. Im neuen, größeren Deutschland ist plötzlich viel Platz für
regionale Egoismen. Wer schon gut dran ist, bekommt das Geld, damit
er Anschluss zum Weltniveau hält. Für die Armenhäuser bleibt dann
nicht viel - sie dürfen allerdings üben, wo die Untergrenze erreicht
ist beim Darben und Sparen.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau