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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Clement

Archivmeldung vom 01.08.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.08.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Woche fing schlecht an für die deutsche Politik, sie endet im Desaster. Erst am Montag die neuesten Zahlen zum Mitgliederschwund der beiden Volksparteien und gestern nun Wolfgang Clements Rauswurf aus der SPD.

Die Sozialdemokraten scheinen endgültig nicht mehr zu retten zu sein. Die Art und Weise, wie sich die stolzeste und traditionsreichste Partei dieses Landes selbst zerlegt, ist beispiellos in der deutschen Geschichte. Dass eine Schiedskommission, an den Parteizentralen in Düsseldorf und Berlin vorbei, mal eben so den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten und späteren Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister vor die Tür setzt, kommt einem politischen Erdbeben gleich. Vor allem, wenn man an die Streitsache denkt. Zweifellos war es aus Sicht der SPD »parteischädigendes Verhalten«, dass Clement indirekt von der Wahl der hessischen Spitzenfrau Andrea Ypsilanti abriet. Mindestens genauso parteischädigend, sogar staatsschädigend ist es jedoch aus Clements wirtschaftspolitischer Sicht, dass Andrea Ypsilanti sowohl Kernkraftwerke als auch den Bau neuer Kohlekraftwerke rigoros ablehnt und ausschließlich auf regenerative Energien setzen will. Welchem Lager auch immer man in dieser Frage folgen mag, eines ist gewiss: Aus einem Streit um die Richtung der Energiepolitik den Parteiausschluss eines Wolfgang Clement herzuleiten, ist maßlos übertrieben. Oder, um es mit den Worten von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zu sagen: »Wenn wir jeden, der mal Blödsinn erzählt oder uns Probleme macht, ausschließen, dann wird's auf die Dauer einsam.« Einsam dürfte es in den nächsten Tagen auch um die SPD-Granden werden. Diese gaben gestern allesamt ein bemitleidenswertes Bild ab. NRW-Landeschefin Hannelore Kraft erklärt sich leichenblass und ganze drei Minuten lang, Fragen beantwortet sie erst gar keine. Generalsekretär Hubertus Heil ruft zur Besonnenheit auf, was immer das heißen mag. Und der SPD-Vorsitzende Kurt Beck bleibt bis in den Abend hinein auf Tauchstation. Hilflosigkeit - so weit das Auge reicht. Noch ist der Parteiausschluss nicht endgültig. Wolfgang Clement wird Berufung einlegen. Egal aber, ob sein Anwalt, der ehemalige SPD-Bundesinnenminister Otto Schily, Erfolg hat oder nicht, der Schaden für die SPD dürfte kaum zu reparieren sein. Eine SPD, die schon seit längerem beinahe jeden zu opfern bereit ist, der Anteil an der schmerzvollen, aber eben auch wirksamen Agenda-Politik hatte. Eine SPD, die nun auch den offenen Streit um den richtigen Weg und damit eine ihrer größten Stärken aufgibt. Eine SPD, die eine Linientreue fordert, die an Selbstaufgabe grenzt. Eine SPD, die sich und das ganze Parteiensystem immer weiter nach links verschiebt. Eine SPD, die konzept-, kraft- und führungslos der Linken und ihren Predigern Oskar Lafontaine und Gregor Gysi hinterherläuft.

Quelle: Westfalen-Blatt


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