Leipziger Volkszeitung zur neuen Entführung Deutscher im Irak
Archivmeldung vom 25.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNoch kaut die Bundesregierung an der endgültigen Aufklärung des Entführungsfalls Susanne Osthoff, da zwingt eine neue Hiobsbotschaft aus dem Irak das Auswärtige Amt wieder zur Einberufung eines Krisenteams. Der Terror, der das Land im Orient nach dem Krieg immer dichter überzieht, ist mit der Entführung der beiden Leipziger Ingenieure unmittelbar vor unserer Haustür gelandet.
Für ein Land,
das über das strikte Nein der alten rot-grünen Regierung
außenpolitische Profilsuche betrieben hat, eine bittere Erkenntnis.
Neu ist sie aber nicht.
Bereits der Fall Osthoff hat letzte Illusionen zerstört, dass die
Nichtteilnahme am Irak-Krieg Deutschland von terroristischen
Aktivitäten verschont. Nun gesellen sich noch die Ungereimtheiten
nach dem glücklichen Ausgang der Entführung der bayerischen
Archäologin dazu. Wurde eine Straftat nur vorgetäuscht, um Lösegeld
zu erpressen? Und wenn ja, zu welchem Zweck? Die Osthoff-Geiselnahme
sorgt weiter für Spekulationen. Wurden damit neue Begehrlichkeiten
geweckt?
Noch ist es zu früh, Hintermänner zu benennen und präzise
Ursachenforschung des neuen Geiseldramas zu betreiben. Ob gewöhnliche
Kriminelle, die mit einer eventuellen saftigen Lösegeldforderung zu
leicht verdientem Geld kommen wollen. Oder Netzwerke mit politischem
Hintergrund, die vielleicht den einen oder anderen Gesinnungsgenossen
freipressen wollen. Möglich scheint alles, denkbar ist vieles. Der
Fakt, dass über die Geiselnahme von Ausländern im Irak schneller
Reichtum machbar ist, scheint auf Nachahmungstäter seine Wirkung aber
nicht zu verfehlen.
Neben den mit Hochdruck im Berliner Krisenzentrum vorangetriebenen
politischen Bemühungen um die schnelle Freilassung der beiden
sächsischen Geiseln, muss die Zuwendung und Fürsorgepflicht der
Behörden jetzt besonders den Angehörigen der Ingenieure gelten. Eine
Entführung sorgt immer für extreme emotionale Belastungen. Mütter
bangen um ihre Söhne. Kinder, Ehefrauen und Geschwister, hoffen
darauf, dass Väter, Männer und Brüder diese lebensbedrohliche
Situation unbeschadet überstehen.
Die neuerliche Entführung im Irak wirft auch ein Schlaglicht auf die
aktuelle politische Situation. Ob humane oder wirtschaftliche Hilfe -
Versuche, das Land in einen normalen Alltag zu führen, scheitern an
terroristischer Gewalt. Ein Teufelskreis, der auch mit dem Abzug der
Besatzungstruppen nicht sofort durchbrochen würde. Langfristig bleibt
nur die vage Hoffnung, dass sich der Irak eine eigene ökonomische
Basis aufbaut. Und damit Terroristen aller Couleur den Nährboden
entzieht.
quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung