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Boersen-Zeitung: Hohle Pariser Bekenntnisse

Archivmeldung vom 03.05.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.05.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Normalerweise mischt sich Paris früher ein, wenn es darum geht, ausländische Unternehmen abzuwehren. Im Fall Euronext hat es lange gedauert. Dafür hat Frankreichs Finanzminister Thierry Breton jetzt eine volle Breitseite auf die Deutsche Börse abgeschossen.

Breton sagte am Wochenende, er wolle aktiv Einfluss nehmen auf die Fusionsgespräche der Mehrländerbörse. Der Minister strebt an, das föderale Geschäftsmodell von Euronext europaweit festzuschreiben, und will beim Treffen der EU-Finanzminister am Freitag auf eine entsprechende EU-Verordnung drängen. Nur wenn Kassahandel und Wertpapierabwicklung für Wettbewerber offen blieben und nicht wie bei der Deutschen Börse in einer Hand lägen, seien freier Wettbewerb und Transparenz auf den Finanzmärkten sichergestellt.

Solche Bekenntnisse klingen ungewohnt. Sonst ist Paris nicht zimperlich, wenn es darum geht, ausländische Konkurrenten, etwa "aus Sicherheitsgründen" oder weil es sich "um strategisch wichtige Branchen" handelt, abzuwehren - ohne Rücksicht auf freie Märkte. Wehe dem, der Böses denken mag, wenn sich die französische Regierung nun zum Hüter des Wettbewerbs aufschwingt. Paris ist stets findig, wenn Argumente gefunden werden müssen. Ohne die Abwicklungsgesellschaft Clearstream wäre die Deutsche Börse, die an der Börse fast doppelt so viel wert ist wie Euronext, wesentlich schwächer. Damit könnte aus französischer Sicht vermieden werden, dass etwa der Hauptsitz einer fusionierten Börse in Frankfurt wäre.

Breton macht gar keinen Hehl daraus, dass es ihm um die Verteidigung des Finanzplatzes Paris geht. Die bei Euronext gebildeten Aktionärsbündnisse aus Banken bzw. Unternehmen und der gemeinsame Appell verschiedener Verbände und Organisationen sind kein ausreichendes Gegengewicht gegen die Hedgefonds, die auf eine Fusion mit der Deutschen Börse drängen. Da braucht es schon die Hilfe der Regierung und vielleicht sogar eines sonst wenig willkommenen ausländischen Aktionärs wie des Dubaier Börsenbetreibers, der aus Euronext-Sicht sogar einen Kontrollanteil übernehmen könnte. Bekenntnisse zum freien Wettbewerb sind wohlfeil. Wirklich den Markt und die Akteure entscheiden zu lassen und nur über den ordnungsgemäßen Ablauf zu wachen, wie es in anderen Ländern üblich ist, fällt Paris indes nicht ein.

Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung

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