Lausitzer Rundschau: Langer Bremsweg
Archivmeldung vom 07.02.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie deutsche Finanzlage ist niederschmetternd: Vor 50.Jahren lag der Schuldenstand von Bund, Länder und Gemeinden noch bei umgerechnet 28.Milliarden Euro. Heute sind daraus bereits über 1500.Milliarden Euro geworden.
Dass es so nicht weitergehen kann, haben Politiker aller Couleur immer wieder feierlich versprochen - und dann doch weiter munter Steuergeld ausgegeben. Umso erstaunlicher mutet es an, dass Bund und Länder nun ausgerechnet in der schlimmsten wirtschaftlichen Krise seit Bestehen der Bundesrepublik eine fundamentale Wende planen. Das ist mutig, sagen die einen. Völlig absurd, kontern die anderen. Die Wahrheit ist schlichter: Union und SPD suchen mit ihrer verabredeten Schuldenbremse einem weit verbreiteten Unbehagen in der Bevölkerung zu begegnen. Um die Rezession zu zügeln und das Bankenwesen zu stabilisieren, wirft der Staat derart mit Milliarden um sich, dass es vielen Leuten regelrecht schwindlig wird. Ein Staatsbankrott galt bislang als völlig abwegig. Aber mittlerweile werden ja auch Banken verstaatlicht. Wer mag da noch an alte Gewissheiten glauben? Vor diesem Hintergrund hat die Föderalismuskommission von Bund und Ländern einen kräftigen Bedeutungsschub erfahren. Was dort jetzt in einer Grundsatzverabredung auf dem Tisch liegt, ist sicher nicht euphorisierend. Aber ein Fortschritt gegenüber den bisherigen Verfahren zur Schuldenbegrenzung ist das Vorhaben zweifellos. Zumal es Bund und Länder gleichermaßen einbindet. Wäre die anfängliche Minimal-Lösung wahr geworden, wonach nur der Bund mit gutem Beispiel vorangeht, hätten sich die Länder praktisch sogar noch mehr verschulden können. Dabei ist es am Ende vollkommen egal, welche öffentliche Hand die Kredite aufgenommen hat. Spätere Generationen müssen für sie allesamt geradestehen. Zu Recht haben die reicheren Bundesländer darauf gepocht, nur Geld locker zu machen, wenn sich die ärmeren zu strengster Haushaltsdisziplin verpflichten. Gelingt das nicht, können die Beihilfen auch gestrichen werden. Das berühmte Fass ohne Boden hätte damit ausgedient. Die großen Verlierer sind allerdings jene Länder, die es aus eigener Kraft geschafft haben, ihre Etats zu sanieren. Dazu gehören Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Kein Wunder, dass die Schuldenbremse dort auf Zurückhaltung stößt. Schließlich muss man sie nun mitfinanzieren. Natürlich, auch das beste Regelwerk hilft nicht, wenn der feste Wille fehlt, es in der Praxis durchzusetzen. Und bei den noch auszuarbeitenden Paragraphen steckt der Teufel ohnehin im Detail. Ein Scheitern kann sich die Föderalismuskommission allerdings nicht mehr leisten. Dazu ist man schon zu weit über den eigenen Schatten gesprungen. Die Schuldenbremse wird kommen, auch wenn der Bremsweg unbefriedigend lang ist.
Quelle: Lausitzer Rundschau