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Berliner Morgenpost: Hintze, Ypsilanti und das letzte Tabu

Archivmeldung vom 25.08.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.08.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das Dilemma dieser nun schon seit gefühlten Ewigkeiten geführten Debatte über Rot-Rot, also über das gemeinsame Regieren zweier Parteien mit sehr ähnlichen politischen Denkmustern, sehr ähnlicher Klientel, sehr ähnlichen Feindbildern, sehr ähnlichen Vorstellungen von Gut und Böse, von gerecht und ungerecht, von solidarisch und unsolidarisch, das wahre Dilemma dieser Debatte ist, dass sie immer angespannt, immer heuchlerisch, immer mit großem Furor und eben nie ehrlich geführt wird.

Nicht intern, also innerhalb dieser beiden politischen Gruppierungen, und auch nicht extern, also immer dann, wenn diese Debatte von außen, vom politischen Gegner an die beiden Parteien herangetragen wird. Für Letzteres steht exemplarisch die ziemlich dämliche Rote-Socken-Kampagne des ehemaligen CDU-Generalsekretärs Peter Hintze, für Ersteres das unsägliche Schauspiel, das die hessische SPD um ihre damalige Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti vor Jahresfrist aufgeführt hat. Ein politischer Totentanz, dessen Bedeutung für den Zustand der SPD im Bundestagswahlkampf 2009 eine gar nicht zu überschätzende Wirkung hat. Das absehbare Desaster der Sozialdemokratie nahm im Keller des Hamburger Rathauses seinen Lauf, als Kurt Beck ohne Not eine Debatte über, richtig, Rot-Rot, entfachte. Das ist ein bisschen ungerecht, weil Beck in diesem Moment vermutlich ehrlicher und ungeschützter über aus seiner Wahrnehmung eigentlich Selbstverständliches sprach, dass nämlich die SPD, zunächst auf Landesebene, in Zukunft nur dann Mehrheiten jenseits einer großen Koalition wird organisieren können, wenn sie sich in Richtung Linkspartei öffnet. Und dass man, um diese Machtoption eines Tages auch auf die Bundesebene übertragen zu können, damit demnächst mal anfangen müsste. Man mag diese Zwangsläufigkeit bedauern, bekämpfen, bejammern, aber an der Richtigkeit der beckschen Analyse beißt die Maus keinen Faden ab. Die Geschichte ist nun mal so gelaufen im Nachwende-Deutschland, wobei das Tempo, in dem die SED-Nachfolger im Westen salonfähig wurden, durch den Seitenwechsel des ehemaligen SPD-Chefs Oskar Lafontaine enorm beschleunigt wurde, auch wenn die Person Lafontaine selbst eher als Hemmnis denn als Katalysator dieses am Ende unvermeidbaren Bündnisses zwischen SPD und PDS (offiziell: die Linke) wirkt. Vielleicht hatte in diesem Zusammenhang auch das hessische Drama sein Gutes für alle Seiten. Heiko Maas im Saarland jedenfalls und auch Christoph Matschie in Thüringen vermeiden jedes hohle "Niemals mit der Linken"-Gelübde, mit dem Ypsilanti in ihren Wahlkampf aufgebrochen war. Stattdessen treiben beide SPD-Spitzenkandidaten diese Option mit dem offensichtlichen Segen des Kanzlerkandidaten voran. Die Wähler in Thüringen und im Saarland haben somit zumindest die Chance, zwischen zwei ausreichend unterscheidbaren politischen Lagern zu entscheiden. Auf der Bundesebene muss man auf Klarheit dieser Art leider verzichten. Dort wird weitergeheuchelt, oder zurückhaltender ausgedrückt: Dort gilt die rot-rote Verzichtserklärung, das letzte Tabu. Noch.

Quelle: Berliner Morgenpost

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