Die Leipziger Volkszeitung zum Mannesmann-Prozess/Ackermann
Archivmeldung vom 25.11.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlWas mit einem überheblichen Victory-Zeichen begann, endet mit einem Freispruch zweiter Klasse: Wenn der Mannesmann-Prozess nun gegen Zahlung von Geldbußen eingestellt wird, entspricht dies nicht der Erwartung an eine gerichtliche Aufarbeitung des Untreue-Vorwurfs. Völlig überraschend kommt die Entwicklung aber nicht.
Das Verfahren hätte
sich sonst noch Monate oder gar Jahre hinziehen können. Und mehr als
eine Geldstrafe wäre vermutlich auch nicht zu erwarten gewesen.
Glücklich schätzen darf sich vor allem Deutsche-Bank-Chef Josef
Ackermann, der sich auf diesem Weg von einer drohenden Verurteilung
freikauft und seinen Job behalten kann. Es klingt daher schon wie
Hohn, wenn der Schweizer versichert, er werde die Strafe aus eigener
Tasche bezahlen. Ja, aus welcher denn sonst? Schließlich ging es in
dem Prozess auch darum, dass derehemalige Mannesmann-Aufsichtsrat in
Gutsherrenart über Gelder, die ihm nicht gehörten, verfügte. Das
Mitleid mit dem Deutsch-Banker hält sich zudem in Grenzen. Bei einem
Jahresgehalt von bis zu 20 Millionen Euro dürften 3,2 Millionen für
Ackermann die sprichwörtlichen Peanuts sein, wie sie einst sein
Vorgänger Hilmar Kopper prägte. Auch dem früheren Mannesmann-Chef
Klaus Esser, der Nutznießer der Prämienzahlungen in Höhe von 16
Millionen Euro geworden war, wird es nicht wehtun, davon 1,5
Millionen wieder abzuzweigen.
Was bleibt also vom spektakulärsten Wirtschaftsprozess in
Deutschland? Auch ohne Urteil sollte das nicht wenig sein: Eine
Debatte um überhöhte Managergehälter, die Deutschland AG und die
Moral in Chefetagen. Die Anklagebank war durchaus lehrreich und hat
dafür gesorgt, dass Aufsichtsräte sensibler geworden sind. Von ihnen
wird verantwortungsvolles Handeln und nicht nur zustimmendes
Kopfnicken erwartet. Und für Vorstände gibt es inzwischen
vertragliche Grundlagen dafür, was sie im Fall von Übernahmen
kassieren.
Dem Wirtschaftsstandort Deutschland hat der Prozess, der in der
ersten Auflage noch mit Freisprüchen zu Ende gegangen war, daher
alles andere als geschadet. Und vielleicht hilft es auch dem
Gerechtigkeitsempfinden, wenn Ackermann & Co. nun ausnahmsweise mal
an gemeinnützige Einrichtungen zahlen müssen.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung