Neue Westfälische (Bielefeld): Land der Wut-Tanker
Archivmeldung vom 13.04.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEr schmerzt, und zwar jedes Mal mehr: der Blick zur Anzeigetafel an der Tankstelle um die Ecke. Vielfahrer können das Geld gar nicht so schnell verdienen, wie sie es an den Zapfsäulen wieder ausgeben - müssen. Und besonders ihnen tut es weh. Der zuvor akribisch ausgerechnete Preisvorteil für ihre Diesel-Fahrzeuge ist so gut wie dahin. Alle schimpfen, aber keiner tut etwas dagegen, so scheint es zumindest.
Es wird weiter getankt, was das Zeug hält, dabei vielleicht mal ein Umweg zur anderen - vermeintlich günstigeren - Tankstelle unternommen, um zu sparen. Meist mit dem Effekt, dass man am Ende doch draufzahlt. Den ungeliebten Biosprit E 10 zu boykottieren hilft derzeit nicht weiter. Eine spritsparende Fahrweise aber auch nicht. Angesichts von Praktiken und Preisen in anderen Ländern stellt sich die Frage: Ist in Deutschland ein Protest realistisch? In Rumänien blockierten die Autofahrer die Zapfsäulen. Aus unserer Sicht klagen sie auf hohem Niveau - sie beschwerten sich über Preise von 1,20 Euro. Wir aber, so scheint es, leben im Land der Wut-Tanker. Und das schon seit Jahren. Die drastische Preisanhebung kommt halt "alle Jahre wieder". Auffällig ist aber in letzter Zeit eines: Immer mehr Politiker melden sich mit radikalen Äußerungen zu Wort, um den Mineralölkonzernen zu drohen. Vielleicht, um vom eigenen Verhalten abzulenken. Denn sie könnten doch eigentlich als erklärte Autofahrerfreunde die Senkung der Steuern fordern. Bei einem Preis von 1,45 Euro für einen Liter Diesel sind satte 70 Cent an den Finanzminister zu zahlen, bei Super sogar 90 Cent. Doch bislang lässt es die Politik beim Wortgeklingel. Und einen Autokorso vor dem Bundestag oder ein Hupkonzert vor den Toren der Mineralölkonzerne gibt's in Deutschland nur bei der Fußball-WM.
Quelle: Neue Westfälische