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Neue Westfälische (Bielefeld): Ein Leben unter Strom

Archivmeldung vom 23.08.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mit Christoph Schlingensief haben wir einen großen Theater-, Film- und Opernregisseur verloren. Einen Provokateur, der das Theater liebte und die Grenzen der Kunst immer wieder ins Politische überschritt, sich auf seine ganz spezielle Art gesellschaftspolitisch einmischte, provozierte, nie bequem war, jede Harmonie zertrümmerte und voller Energie und immer unter Strom lebte.

Schlingensief war einer, der einstand für das, was er wollte - mit jeder Faser seiner Existenz. Einer, der auch angesichts des Todes nicht aufgab, weiterarbeitete, schrieb, redete, ankämpfte gegen die Krankheit, noch neue Aufgaben übernahm wie die Gestaltung des deutschen Pavillons für die Biennale 2011 in Venedig, seinen Traum von einem Festspielhaus in Burkina Faso zäh verfolgte. Und Schlingensief war einer, der sich treu blieb. Obwohl er in den vergangenen Jahren immer mehr Anerkennung erfuhr, im Mainstream anzukommen schien, in Talkshows gern gesehen war, ließ er sich nicht korrumpieren, blieb skeptisch, spöttisch und angriffslustig - bis zuletzt. Nur den Krebs konnte auch er nicht besiegen. Verzweifelt schrieb er: "Ich hab keinen Bock auf Himmel. So schön wie hier kann es im Himmel gar nicht sein." Er wird fehlen in dieser Welt der Aalglatten und Angepassten.

Quelle: Neue Westfälische

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