Teures Vergnügen
Archivmeldung vom 19.05.2020
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Freigeschaltet durch André OttWas lange währt, wird endlich gut: Dies war die Botschaft der Telekom an ihre Investoren, als T-Mobile US und Sprint nach fast zwei Jahren endlich sämtliche Hürden für ihren Zusammenschluss aus dem Weg geräumt hatten. Dazu zählten auch die finanziellen Nachverhandlungen mit Softbank angesichts verschobener Kräfteverhältnisse zwischen den beiden US-Mobilfunkunternehmen, die die Telekom erst im Januar abschloss.
Die Deal-Struktur der milliardenschweren Transaktion blieb dabei im Grundsatz gleich: ein reiner Aktientausch ohne Barkomponente. Die Gründe dafür lagen auf der Hand und haben sich nicht verändert. Zum einen trägt der Bonner Konzern bereits schwer genug an seinem Schuldenberg, der per Ende März, also vor Konsolidierung der neuen T-Mobile US, auf 77 Mrd. Euro angeschwollen ist.
Dies entspricht dem 2,6-Fachen des geschätzten operativen Gewinns und schießt damit eigentlich schon über das Ratingband der Agenturen hinaus. Sowohl Moody's als auch Standard & Poor's haben überdies ein Downgrade avisiert, nachdem der US-Merger unter Dach und Fach war und die Sprint-Schulden konsolidiert werden müssen.
Zum anderen stehen sowohl die neue US-Tochter als auch die Aktivitäten der Telekom im Heimatmarkt unter hohem Investitionsdruck, der Zweifel an einem schnellen Schuldenabbau nährt - zumal die Telekom für die Dividende eine Untergrenze von 0,60 Euro je Aktie eingezogen hat.
Vor diesem Hintergrund wäre die Übernahme eines "substanziellen" Anteilspakets an T-Mobile US aus dem Besitz von Softbank ein äußerst schwieriger Kraftakt und auch ein geradezu teures Vergnügen; denn die Telekom hat die unternehmerische Führung der T-Mobile US vertraglich vereinbart. 67 Prozent der Stimmrechte sichern ihr den Durchgriff, so dass sie eine Aufstockung des Anteilsbesitzes auf über 50 Prozent, wie es nun in der Gerüchteküche heißt, nicht zwingend braucht - zunächst.
Mittelfristig könnte sich dies allerdings ändern. Denn diese Vertragsbedingungen gelten nicht ewig, sondern für vier Jahre. Verkauft die hoch verschuldete Softbank, die unter Druck steht, Barmittel aufzutreiben, ihre Anteile an einen Dritten, könnte es sein, dass sich die Telekom künftig mit einem womöglich unbequemen Großaktionär bei T-Mobile US herumschlagen muss. Dieses Risiko wird sie nur ungern eingehen. Als effektive Mehrheitsaktionärin wäre sie dagegen auf der sicheren Seite. Ob was lange währte, letztlich gut wird, ist noch nicht in allen Facetten geklärt.
Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Heidi Rohde