Wiesbadener Kurier: Zu Familienförderung
Archivmeldung vom 18.09.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.09.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFamilienpolitik im Sinne von Familienförderung ist teuer. Ergo ist gute Familienpolitik sehr teuer. Aus diesem Grund ist grundsätzlich Misstrauen angebracht und Nachrechnen angesagt, wenn Finanzpolitiker wie Minister Peer Steinbrück, dessen oberstes Ziel die Haushaltsdisziplin ist, Leistungen für Familien ankündigen.
Will er damit sparen? Steinbrück wünscht sich einen steuerlichen Grundfreibetrag für Kinder, eine alte sozialdemokratische Forderung vor dem Hintergrund der Idee, Kinder aus armen und reichen Familien gleich zu behandeln. Doch die Forderung ist längst als Mogelpackung entlarvt und wurde in der Ära Schröder und Eichel, also unter sozialdemokratischer Regierungsverantwortung, als verfassungsrechtlich nicht haltbar verworfen. Der Bund der Steuerzahler nannte die Idee damals sogar einen steuerpolitischen Missgriff, da aufgrund unseres Steuerrechts schon bei nicht allzu hohem Grenzsteuersatz eine Überbesteuerung von Familien eintrete. Und dies widerspricht dem in Deutschland grundlegenden, auch vom Bundesverfassungsgericht immer wieder betonten Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Auch mit der geplanten Anhebung des Kindergeldes um zehn Euro können sich die Koalitionäre nur lächerlich machen, falls sie dies als staatliche Wohltat für Familien in den kommenden Wahlkämpfen vermarkten wollen. Was tatsächlich notwendig wäre, um die finanzielle Situation von Familien mit Kindern zu verbessern anstatt nur zu stabilisieren, das wird derzeit nicht angepackt. Zum Beispiel ließe sich mit Änderungen an den Steuersätzen statt an den Freibeträgen mehr Nettoeinkommen generieren - doch eine solche familienfreundliche Revolution zettelt Sparkommissar Steinbrück nicht an. Auch wird nicht ernsthaft darüber debattiert, bei Hartz-IV-Beziehern die Kinderregelsätze anzuheben, zum Beispiel um eine bessere Ernährung zu ermöglichen. Gleichzeitig jedoch wird lamentiert, dass Kinder immer dicker werden, weil sie zu viel billige Fertigkost zu sich nehmen. Hier und in der Politik taugen aufgeblähte Verpackungen mit mickrigem Inhalt rein gar nichts.
Quelle: Wiesbadener Kurier