Südwest Presse: Kommentar zu Imsi-Catcher
Archivmeldung vom 14.10.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.10.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittImmer auf Empfang, immer auf Sendung. Wer stets erreichbar sein will, muss damit leben, auch stets seinen Standort zu verraten - ohne, dass er "Ich bin gerade in der Straßenbahn" in sein Mobiltelefon plappert. Weil das Ding ständig aus der Jackentasche funkt, kann es ins Visier der Fahnder geraten, und sei sein Besitzer noch so harmlos.
Ob jemand verdächtig ist oder nicht, kann der
Imsi-Catcher schließlich nicht wissen. Dass das alles seine Ordnung
hat, hat nun das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Damit hat sich das Gericht ein weiteres Mal einen Schritt von der von
ihm einst selbst so hoch gehaltenen informationellen Selbstbestimmung
verabschiedet. Seine Linie lautet nun: Wer spricht, darf sicher sein,
dass sein Gespräch in der Regel unbelauscht bleibt, wer nur
Funksignale von sich gibt, nicht. Denn dabei kommunizieren Geräte,
keine Menschen. Formal mag das richtig sein. Doch die Frage, wer sich
wo aufhält, kann mindestens so interessant sein wie der Inhalt eines
Gesprächs - wäre es anders, gäbe es den Imsi-Catcher nicht.
Wer es ernst meint mit dem Schutz der Privatsphäre, darf sich nicht
mit solchen Argumenten begnügen. Denn die technische Entwicklung
weckt Begehrlichkeiten, und der Druck, der in unsicherer Zeit auf
Gesetzgeber und Justiz lastet, trägt seinen Teil dazu bei. Bisher hat
das Bundesverfassungsgericht dem meist entgegengesteuert. Nun scheint
das Bollwerk zu bröckeln. Als Trost bleibt dann nur noch: Handy
abschalten.
Quelle: Pressemitteilung Südwest Presse