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Neue Westfälische (Bielefeld): Lena siegt beim Eurovision Song Contest

Archivmeldung vom 31.05.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.05.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Was für ein Triumph! Was für ein Mädchen! Lena, Deutschland, erobert Europa - mit einem Lied. Es gibt nichts, was diese frohe Botschaft relativiert. Ein Märchen wird wahr und man ist geneigt, den Augenblick der Freude festhalten zu wollen. Schon, weil es derzeit nicht allzu viele davon gibt. Lena Meyer-Landrut ist eine neue deutsche Heldin. Es reißt den Beobachter fast vom Hocker, mit welcher jugendlich-frischen Offenheit dieses Mädchen die Sympathien im Handumdrehen gewinnt.

Unverdorben, unverstellt, selbst noch überwältigt vom Erfolg plaudert Lena uns die gute Laune auch noch unter Gewitterwolken in unsere Herzen. Ein Phänomen. Und was für eins: Ganz Deutschland ist verzaubert von einer 19-Jährigen. Die nachrichtenheilige Tagesschau rückt den Eurovision Song Contest an die erste Stelle ihrer Sendung. Ein Ministerpräsident begrüßt die Siegerin von Oslo wie einen Staatsgast auf dem Roten Teppich. Die Bundeskanzlerin lässt Grüße ausrichten. Das Goldene Buch der Stadt wird für die Abiturientin aufgeschlagen. Elf Limousinen fahren sie durch die Stadt und die Älteren fragen sich unwillkürlich: Waren das so viele wie damals bei den Auftritten von Kennedy oder der Queen? Oder waren es mehr? Einerlei. Lena macht gute Laune. Dass sie das tut und alles durchsteht, das ist nicht zuletzt das Verdienst eines Mannes: Stefan Raab. Der Entertainer, der - insbesondere am Beginn seiner Karriere - lange den Eindruck erweckte, er weiche keiner Provokation aus, schickt sich an, auf dem seriösen Weg die Nachfolge der großen Unterhaltungsmoderatoren der deutschen Showgeschichte anzutreten. Er ist - auch, wenn das ZDF es nicht gern wahrhaben will - längst am bisherigen Megastar Gottschalk vorbeigezogen. Vor allem aber: Stefan Raab hat gezeigt, dass man für den Erfolg nicht jeden Lautsprecher-Unfug eines - zugegeben: intelligenten und erfolgreichen, aber auch grenzüberschreitend unverschämten - Dampfplauderers mitmachen muss, wie ihn uns gelegentlich Dieter Bohlen gibt. Das wird bleiben. Auch weil Stefan Raab der Versuchung widersteht, Lenas gesamtes (Privat-)Leben zu vermarkten. Respekt! Feiern wir also Lena! Sicher, es werden nach den "Feier"-Tagen auch wieder normale und schwierigere, auch für Lena, folgen. Aber so schlimm kann es um uns Deutsche insgesamt nicht stehen, wenn wir zu solcher offenen Begeisterung noch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten fähig sind. Auch wenn man eine Sekunde lang darüber erschrickt, mit welcher - bisweilen blinden - Wucht sich plötzlich Hunderttausende oder gar Millionen auf die Straße locken lassen, die sich vorgestern noch nicht einmal für Musik, geschweige denn für Oslo interessierten: Dem Sommermärchen von 2006, als deutsche Fußballfans die Welt mit ihrer unverstellten Fröhlichkeit verzauberten, ist an diesem Wochenende ein neues, ganz anderes Leben eingehaucht worden. Wollen wir hoffen, dass dies uns noch eine lange Weile trägt! Ein bisschen Frieden täte uns in dieser Krise ganz gut.

Quelle: Neue Westfälische

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