Rheinische Post: Kritik am Präsidenten? - Von Sven Gösmann
Archivmeldung vom 21.06.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer Arbeitsauftrag des Bundespräsidenten findet sich in der für ihn vorgegebenen Eidesformel im Grundgesetz: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."
Horst Köhler nimmt diesen Arbeitsauftrag sehr ernst. Er wählt
dafür das einzige Mittel, das unsere Verfassung ihm gewährt - das
Wort. Er weist auf Fehlentwicklungen in Politik und Gesellschaft hin.
Er mahnt regelmäßig überfällige Reformen an. Das ist unangenehm für
die Politik. Zumal die große Koalition mit tönender Reform-Rhetorik
an die Arbeit gegangen ist, ohne dass bislang Taten gefolgt wären.
Die öffentliche Kritik an diesem Missstand zerrt offenbar an den
Nerven der Koalitionäre. Wie anders ist zu erklären, dass ein
erfahrener Politiker wie der SPD-Fraktionsvize Joachim Poß den
Bundespräsidenten einen "Besserwisser" schimpft.
Das Amt des Bundespräsidenten ist über dem politischen Tagesgeschäft angesiedelt worden. Ihm soll somit nicht zuletzt das Schicksal der Reichspräsidenten der Weimarer Republik erspart werden, deren Würde im Gezänk der Tagespolitik Schaden litt. Nicht erst gestern ist diese Grenze übertreten worden. Demokratie und ihre Institutionen - allen voran der Präsident - benötigen jedoch den Respekt der Bürger. Die Parteipolitiker sollten ihre Worte sorgfältiger wählen.
Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post