Westfalenpost: Gezieltes Getöse
Archivmeldung vom 21.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie bayerische CSU ist längst nicht mehr das, was sie jahrzehntelang verkörperte: Eine kraftstrotzende Schwesterpartei, die sich lautstark gegenüber Berlin abgrenzt, mit einem Mythos, der sich aus Laptop und Lederhose speist.
Das Duo Beckstein/Huber hat bislang nur einen zweifelhaften Erfolg vorzuweisen: Stoibers Sturz als Ministerpräsident. Danach ging's in der Gunst der Umfragenstimmung steil bergab. Die Pleiten mit der Landesbank, dem Transrapid und dem Rauchverbot sorgten für nachhaltigen Verdruss, ließen die Basis merklich aufmucken. Nervosität machte sich breit, bis sich Ministerpräsident und Parteichef auf Adenauer besannen: Was stört mich mein Geschwätz von gestern. Nachdem man feststellte, dass das christsoziale Steuerprogramm nicht einfach unters Wahlvolk zu streuen ist, musste die Pendlerpauschale in voller Schönheit wieder her. Das durchschaubare Manöver stellt sich als clever heraus, weil in diesem Jahr nur im Freistaat gewählt wird und 2009 das Thema sich erledigt hat: Das angerufene Bundesverfassungsgericht urteilt im Herbst. So gesehen kann es mit der Kanzlerin nicht zum handfesten Streit kommen. Angela Merkel lässt die CSU laufen, bleibt bei ihrem Standpunkt und setzt auf Zeit. Nach der Bayernwahl am 28. September wird sich das Getöse auflösen, werden neue Felder bestellt, um nur ja keinen Machtverlust zu erleben. Beckstein setzt dabei auf die Beliebtheit von Frau Merkel, nur deshalb hat es keinen Frontalangriffe à la Strauß gegeben. Aus Angst vor dem Mehrheitsverlust ist der bayerische Löwe zum Bettvorleger verkommen.
Quelle: Westfalenpost